Spanische Weine – Klassiker, Aufsteiger und Rohdiamanten

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Spanische Weine bieten eine eindrucksvolle stilistische und aromatische Vielfalt, die hauptsächlich auf die Geografie des Landes zurückzuführen ist: In Spanien findet Weinbau am Atlantik, am Mittelmeer, auf Hochebenen, in Bergen und auf Inseln und somit an völlig verschiedenen Standorten und Klimazonen statt. Darüber hinaus hat seit dem Ende der Franco-Diktatur (1977) eine enorme Dynamik das Weinland Spanien erfasst. Neue Investitionen, neue Absatzmärkte und ein Modernisierungsschub brachten den Weinbau in allen Teilen des Landes voran, was zum Aufstieg von stets neuen Regionen beitrug. Wir stellen im Folgenden ein paar Klassiker, etablierte Aufsteiger und Rohdiamanten im Kommen vor.

Spanische Weine – die Klassiker Rioja und Sherry

Für eine Jahrhunderte lange Tradition und weltweite Reputation stehen die D.O.Ca Rioja und D.O. Sherry (vollständig: D.O. Jerez-Xérèz-Sherry). Diese beiden Gebiete sind nach wie vor die absoluten Klassiker und Aushängeschilder spanischen Weins, selbst wenn die D.O. Sherry in den letzten Jahrzehnten an Umsätzen einbüßt. Beide Regionen stehen mit ihrem Namen für einen ganz eigenen unverwechselbaren Weinstil, der nirgends anders auf der Welt zu finden ist.

Klassische Rioja-Rotweine sind stets eine Cuvée aus der Hauptrebsorte Tempranillo, ergänzt um die Trauben Garnacha, Mazuelo und/oder Graciano. Sie werden über mehrere Jahre in Barriques und in der Flasche gereift, bevor sie in den Handel gelangen. Die farblich ziegelroten Weine verfügen über einen feinen Säurenerv und polierte Tannine und zeigen entsprechend Frische und Finesse. Das Reifepotenzial der Weine ist legendär – selbst nach 50 Jahren sind sie frisch und spannungsgeladen. Ein solcher Wein ist beispielsweise die Prado Enea Gran Reserva von Bodegas Muga.

Auch die Rioja unterliegt dem Wandel der Zeit: Der elegante klassische Rioja-Stil mit seinen langjährig gereiften Weinen wurde vermehrt von einem modernen Stil abgelöst, der kräftigere und fruchtigere Weine ergibt, die zudem jünger auf den Markt kommen. Wichtige Vertreter des klassischen Rioja-Stils sind neben Bodegas Muga heute noch Erzeuger wie La Rioja Alta, Marques de Murietta und besonders Viña Tondonia.

Von der Rioja im Norden Spaniens geht es ins 800 Kilometer südlich entfernte Sherry-Gebiet. Hier in Andalusien befindet sich die Wiege des iberischen Weinbaus – seit 3000 Jahren werden Reben auf den strahlend weißen Kreideböden rund um die Stadt Jerez kultiviert.

Ein trockener Sherry-Stil heißt Fino (bzw. das Synonym lautet „Manzanilla“ in der Stadt Sanlúcar de Barrameda). Anfangs ein ganz gewöhnlicher trockener Weißwein aus der Rebsorte Palomino Fino, wird er mit Weingeist auf 15 Prozent Alkoholgehalt angereichert. Dabei entsteht eine sogenannte „Florhefeschicht“, unter welcher der Wein fortan biologisch (ohne Luftkontakt) reift. Nirgends auf der Welt bildet sich eine derart dicke Florhefeschicht als im feucht-warmen Klima der Sherry-Kellereien am Atlantik in Andalusien. Die Florhefe entzieht dem Wein Glycerin und macht seinen Körper schlank. Zugleich bildet die Hefe Acetaldehydh – so erhalten die Finos aus Jerez ihre unverkennbaren Aromen von Cider, Trockenfrüchten und Mandeln. Ein Klassiker unter den Finos ist Tio Pepe von Bodegas Gonzales Byass.

Spanische Weine, Fino, Jerez
Querschnitt eines Sherry-Fasses mit Fino darin. Gut zu erkennen die Florhefeschicht auf dem Wein.

Aufsteiger aus Ribera del Duero und Aragon

Spanische Weine haben in den letzten vierzig Jahren einen atemberaubenden Aufstieg erlebt. Zu Beginn der 1980er-Jahre hatten einzig die Regionen Sherry, Rioja und Penedès (Cava) einen Ruf in der Welt. Dazu kam Valdepeñas als bekanntes Massenweingebiet.

Dann allerdings ging es Schlag auf Schlag: In den 1980ern wurden Anbaugebiete wie D.O. Rueda, D.O. Rias Baixas und D.O. Ribera del Duero gegründet, die es alle innerhalb weniger Jahre zu Bekanntheit und Renommee brachten. Ganz besonders gilt dies für Ribera del Duero: Als die Appellation 1982 ins Leben gerufen wurde, gehörten ihr 24 Weingüter an. Heute sind es über 300.

In Ribera del Duero dominiert die Tempranillo-Traube noch stärker als in Rioja. Zumeist wird die Traube sortenrein ausgebaut. Das Klima ist in Ribera del Duero außerdem extremer: Durch Hochlagen von bis zu 1100 m.ü.NN und die generell heißen Sommertage herrscht in Ribera del Duero eine intensive Sonnenstrahlung. Die Tempranillo-Traube bildet zum Schutz dickere Beerenhäute, was wiederum zu dunkleren und kräftigeren Weinen führt. Ein Top-Wein ist Dominio de Atauta vom gleichnamigen Weingut, das sich in einer besonders hoch gelegenen Zone der Appellation befindet.

Die 2000er-Jahre erlebten den rasanten Aufstieg von Garnacha-Weinen aus Aragon. In Anbaugebieten wie D.O. Campo de Borja und D.O. Calatayud entstanden dicht konzentrierte Rotweine aus alten Garnacha-Reben. Die verschiedenen Weinregionen in Aragon sind geprägt vom kühlen Nordwind Cierzo. In den heißen Sommern sorgt er für Abkühlung in den Weinbergen und dafür, dass die Trauben nicht zu schnell überreifen. Das trockene Klima in Kombination mit dem Wind eignet sich ferner hervorragend für biologischen Anbau. Exzellente biologische Weine kommen von Bodegas Tempore, beispielsweise die preiswerte Garnacha Generación 73.

Kontinentales Klima, Aragon, Spanien, Spanische Weine
Weinberg mit Garnacha-Reben, Bodegas Tempore in Aragon.

Rohdiamanten – die Dynamik des Weinlands Spanien

Spanien steht nicht still. Aus immer mehr Regionen kommen spanische Weine von hoher Qualität und einem einzigartigen Charakter.

Seit etwa zehn Jahren machen Rotweine aus dem Berggebiet Sierra de Gredos von sich reden. Die Berge befinden sich nur eine Autostunde westlich der Hauptstadt Madrid entfernt und bieten die weltweit einzigartige Kombination aus alten Garnacha-Reben, Granitsandböden und Hochlagen. Die Garnachas aus Gredos sind heller, schlanker und eleganter als jene aus Aragon. Ein Newcomer im Gebiet ist das Weingut A Pie de Tierra, dessen sortenreine Garnacha Fuerza Bruta beispielhaft für den frischen und filigranen Gredos-Stil steht.

Eine weitgehend unbekannte Appellation ist die D.O. Arribes an der Grenze zu Portugal. Das mit der Unbekanntheit dürfte sich bald ändern, dank solcher Weingüter wie El Hato y el Garabato. Arribes zieht sich links und rechts des Duero-Flusses entlang, der kurz vor Portugal spektakuläre Schluchten bildet. Das Weingebiet verfügt über einen hohen Bestand an alten Reben aus autochthonen Sorten. Die Haupttraube im Gebiet ist die rote Juan García, die ähnlich wie die Garnacha in Gredos elegante Rotweine zu ergeben vermag. Oftmals werden die Weine ins Burgund oder an die Rhone verortet, da sie weniger voluminös und kraftvoll ausfallen als es bei vielen spanischen Rotweinen gemeinhin der Fall ist. Ein solcher tiptop Rotwein aus Juan García ist Sin Blanca von El Hato y el Garabato.

Alte Rebe der Sorte Juan García, bei El Hato y el Garabato in Arribes
Alte Rebe der Sorte Juan García, bei El Hato y el Garabato in Arribes

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