Albariño: Spaniens Antwort auf Riesling?

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Albariño gehört zu den besten Weißweinsorten Spaniens. Die Traube kommt überwiegend in Galicien vor und steht für aromatische, knackig frische Weine.

Galicien ist ein anderes Spanien. Regenreicher und grüner als der meiste Rest des Landes. Vor allem im bekannten und boomenden Weißweingebiet D.O. Rías Baixas, das sich südlich von Santiago de Compostela die Atlantikküste entlangzieht, ist der Niederschlag hoch. Im Salnes-Tal, der größten Zone der Anbauregion, liegt er bei 1600 mm im Jahr. Das entspricht etwa doppelt so viel Regen als in Hamburg.

Die heimische Weißweintraube Albariño hat sich dem feuchten Klima gut angepasst. Am Rebsortenspiegel der D.O. Rias Baixas hält sie 95 Prozent der insgesamt 4.300 Hektar Rebfläche. Der Albariño verfügt über dicke Beerenhäute sowie über relativ kleine Traubenbüschel, an denen die Beeren recht locker hängen. Diese Eigenschaften machen die Sorte weniger anfällig gegen Pilzkrankheiten wie den Mehltau – natürlich ein Vorteil im feuchten Klima. Außerdem ist der Albariño in landeinwärts gelegenen galicischen D.O.-Gebieten wie Ribeiro, Monterrei und Ribeira Sacra im Anbau. Dort spielt er allerdings nur eine Nebenrolle hinter Sorten wie Godello, Mencía und Treixadura. Sein Hauptgebiet ist und bleibt Rías Baixas.

Rias Baixas – Albariño, Pergola und Granitsandböden

Die Herkunftsbezeichnung D.O. Rías Baixas übersetzt sich in etwa als „Untere Fjorde“. Der Name bezieht sich auf die vier Atlantikzungen, die sich im Gebiet ins Festland hineinziehen und das Klima der Region stark prägen. Selbst wenn es einmal nicht regnet, kommt morgens der Tau vom Ozean ins Land und legt sich auf den Weinbergen ab. Aufgrund der hohen Feuchtigkeit ist die Pergola-Erziehung weit verbreitet. Die Trauben hängen bei diesem Erziehungssystem weit vom nassen Boden entfernt und die Durchlüftung des Weinbergs ist generell besser. Ein Nachteil ist, dass eine maschinelle Bearbeitung der Weinberge bei dieser Erziehungsmethode nicht möglich ist. Alle Tätigkeiten werden von Hand verrichtet. Der hohe Arbeitsaufwand dürfte ein Grund für die höheren Preise für Albariño-Weißweine sein, als etwa in Spaniens zweiter bedeutender Weißweinregion Rueda, wo die großflächigen Weinfelder nahezu alle mit Maschine abgeerntet werden.

Typische Pergola-Weinberge im Salnes-Tal (Foto: Thomas Götz)

Die große Mehrheit der Weinreben im Salnes-Tal ist auf armen Böden gepflanzt, die eine Kombination aus zersetztem Granit und Sand darstellen. Diese Böden begünstigen eine ausgezeichnete Drainage, was ein positiver Umstand angesichts der häufigen und starken Regenfälle ist. Das Wasser sickert schnell ein und staut sich nicht an der Oberfläche.

Darüber hinaus finden sich in Rías Baixas aufgrund der sandigen Böden noch verhältnismäßig viele uralte Reben aus der Vor-Reblauszeit. Manche Rebstöcke sind über 200 Jahre alt. Der Grund hierfür besteht darin, dass die Reblaus, welche die Wurzeln der Reben befällt, sich im sandigen Untergrund schwer fortbewegen kann. Zudem kommt der Schädling aufgrund der weiten Pflanzabstände bei der traditionellen Pergola-Haltung kaum von einem Rebstock zum anderen. Manche dieser alten Reben (siehe Foto unten) breiten sich auf unzähligen Quadratmetern aus. Traditionell sind sie mit Granitpfosten gestützt.

Weinanbaugebiete in Spanien. Albariño-Rebe in Rías Baixas
Uralter Albariño-Rebstock in Pergola-Erziehung bei Bodega Anadigna.

Albariño – nicht verwandt zum Riesling, aber doch mit Ähnlichkeiten

Albariño heißt übersetzt „der Weiße vom Rhein“. Lange Zeit ging man davon aus, dass die Sorte aus Mitteleuropa stammt, sogar mit dem Riesling verwandt ist und im Mittelalter mit Mönchen über den Jakobsweg nach Galicien gelangte. Jüngere DNA-Analysen haben diese Vermutung eindeutig widerlegt: Weder ist der Albariño zum Riesling, noch zu irgendwelchen anderen mitteleuropäischen Trauben verwandt. Rebsortenforscher sind sich heute stattdessen sicher, dass der Ursprung der Traube in Galicien und Nordportugal liegt (wo sie im Vinho-Verde-Gebiet unter dem Namen Alvarinho firmiert).

Im Geschmacksprofil ist eine Ähnlichkeit von Riesling und Albariño hingegen nicht von der Hand zu weisen. So liegt etwa der Markenkern bei beiden Sorten auf einer hohen Säure und knackiger Mineralität. Zudem entwickeln sie bei einem entsprechenden Ausbau auf der Feinhefe eine schöne Cremigkeit am Gaumen. Die Aromatik betreffend, ist Albariño vielleicht nicht ganz so expressiv wie Riesling. Nichtsdestotrotz ist es eine aromatische Sorte. Das Aromenprofil hängt unter anderem stark vom Erntezeitpunkt ab: Bei einer früheren Lese treten überwiegend weiße Blüten und Zitrusfrucht zu Tage, während bei einer späteren Lese die Aromatik in Richtung Steinfrüchte wie Pfirsich und sogar tropische Früchte wie Ananas geht. Albariño ist geschmacklich also eine äußerst vielseitige und attraktive Rebsorte. Unsere beiden Weintipps kommen vom Boutique-Weingut Anadigna im Salnes-Tal, dessen Albariño-Weißweine über eine wunderbare Balance aus knackiger Frische, Mineralität und Fruchtintensität verfügen.

Weintipp: Anadigna Classic Albariño, D.O. Rías Baixas

Weintipp: Anadigna Sobre Lias, Albariño mit Ausbau auf Feinhefe, D.O. Rías Baixas

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