Terroir – ein kleines Wort mit großer Bedeutung

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Terroir ist das Zauberwort der Weinwelt – ein mit Bedeutung aufgeladener Begriff, den Kritiker, Winzer und Händler beinahe inflationär gebrauchen. Im Weinmarketing geht heutzutage ohne Terroir fast nichts mehr. Was aber ist mit Terroir in der Weinsprache gemeint? Und wann kann ein Gewächs zurecht als „Terroir-Wein“ bezeichnet werden? Diesen Fragen geht der folgende Text nach.

Was bedeutet Terroir?

Das französische Wort „terroir“ lautet wörtlich übersetzt “Gegend”. In der Weinsprache  steht „terroir“ für die gesamte natürliche Umgebung, in der ein Wein entsteht. Dieses Ambiente beinhaltet Elemente wie Böden, Klima und Topografie. Auch das Wetter in einem jeweiligen Jahrgang gehört als flexibler Faktor dazu, denn es ist eine natürliche Erscheinung, die Einfluss auf den Wein nimmt.

Schauen wir uns die wichtigsten Terroir-Faktoren im Detail an: 

Es macht einen großen Unterschied, in welchem Klima Weinbau stattfindet. In Spanien existieren drei Klimazonen: atlantisch, kontinental und mediterran. Zum Beispiel liegt die galicische Appellation D.O. Rías Baixas direkt am Atlantik, der ein feuchtes und eher kühles Klima mit sich bringt. Aufgrund dessen sind Rotweine aus Rías Baixas leicht, sehr frisch und sie verfügen über niedrige Alkoholgrade von 10,5 bis 12,5 Prozent. (PS: Es gibt nicht nur die weiße Albarino in Rías Baixas, sondern auch feine Rotweine).

Begeben wir uns auf die andere, östliche Seite Spaniens, dann landen wir nahe des Mittelmeers in der DOCa Priorat. Hier herrscht ein mediterranes Klima, das bedeutet die Sommer sind sehr heiß und trocken. Die Rotweine aus dem Priorat sind folglich kraftvoll, konzentriert und viel höher im Alkoholgehalt als jene aus dem atlantischen Rías Baixas. 

Neben dem allgemeinen Klima spielt auch das spezifische Wetter während des Weinjahrs eine Rolle. Wie verteilen sich die Niederschläge übers Jahr? Gibt es vielleicht Frost im Frühjahr, Hitzewellen im Sommer oder Unwetter im Herbst? Ist die Weinlese von trockenem oder nassem Wetter begleitet? Liegen die Temperaturen über oder unter den jährlichen Durchschnittswerten? All das macht sich im Wein eines Jahrgangs bemerkbar. 

Eine ganz wichtige Bedeutung nimmt darüber hinaus die Topografie ein. Selbst in ein und demselben Anbaugebiet können diesbezüglich große Unterschiede existieren: Liegt ein Weinberg zum Beispiel auf 500 Metern oder auf 1000 Metern Meereshöhe? Ist er nach Norden oder Süden ausgerichtet? Befindet sich die Lage an einem Fluss, der Licht und Wärme reflektiert oder im Schatten eines kühlenden Bergmassivs? All diese (und weitere) Faktoren wirken sich auf den Vegetationszyklus der Trauben und den späteren Wein aus. 

Terroir in Málaga
Weinberge in den Sierras de Málaga. Die Weinlage rechts des Wegs ist nach Süden ausgerichtet, jene links im Bild gen Norden. Allein dieser Umstand nimmt einen Einfluss auf den Geschmack und den Charakter der Trauben. (Foto: Thomas Götz)

Einen erheblichen Einfluss auf den Rebstock – sein Wachstum, seine Energieversorgung, seine Traubenproduktion – üben fernerhin die Böden aus: Ob und wie sich ein Untergrund aus Kalk, Schiefer, Granit, Lehm oder Sand im Wein ausdrückt, ist Thema vieler Essays und Texte. Weinen, die auf Schiefer- oder Granitböden wachsen, wird beispielsweise oftmals eine mineralische Note zugesprochen. Man sollte hierbei allerdings bedenken, dass Böden selten in Reinform vorkommen, sondern meistens ein Mix aus verschiedenen Gesteinsarten und Materien sind.

Neuere wissenschaftliche Untersuchungen deuten eher darauf hin, dass Faktoren wie die Wasserspeicherkapazität einen wichtigen Einfluss auf die Rebe und deren Traubenqualität haben: Böden, die Wasser nicht halten können sind ebenso nachteilig wie Böden, die zu viel Wasser speichern. Das gleiche gilt für den Nährstoffgehalt eines Bodens: Besonders fruchtbare und schwere Böden ergeben fette Weine. Die Rebe ist eine genügsame Pflanze – beste Erträge erzielt sie in eher armen Böden. Ganz ohne Nährstoffe dürfen diese natürlich auch nicht sein.

Fernerhin sind die Reben als ein Teil des Terroirs zu betrachten. Bestimmte Sorten passen in ein bestimmtes Klima: Die Monastrell mag es heiß und trocken, während es die Pinot Noir lieber kühler hat. Zudem ist das Alter der Reben und das Erziehungssystem bedeutend. Im regenreichen Galicien werden viele Reben in Lauben erzogen. Sie wachsen hoch über dem feuchten Boden, und die Weinparzellen sind bei diesem System gut durchlüftet.

Albariño-Rebe aus Rías Baixas
Reben in Rías Baixas, die in hoher Laubenerziehung gehalten werden. Die Sonne täuscht. Sehr oft regnet es in diesem Gebiet. (Foto: Thomas Götz)

Im Gegensatz dazu werden im heißen, mediterranen Málaga die Reben ganz nah am Boden als Buschreben gehalten. Das Blätterdach spendet Schatten und der Boden kann auf diese Weise kaum Hitze reflektieren. Hier geht es darum, die Trauben möglichst kühl und schattig zu halten. So erfordert jede Region eine angepasste Vorgehensweise im Weinberg.

Der Praxistest: Terroir-Weine von Dominio de Atauta

Wie sich ein Terroir auf den Wein auswirken kann, wird beispielsweise in den Gewächsen von Dominio de Atauta deutlich. Das ist ein Weingut, welches im Anbaugebiet Ribera del Duero mehrere Hochlagenweine aus alten Tempranillo-Reben keltert. Obwohl diese Weine aus der selben Rebsorte, dem selben Anbaugebiet und vom selben Erzeuger stammen, schmecken sie völlig anders. 

Der Hauptgrund hierfür ist Terroir: Die Lagen, aus denen die Weine gewonnen werden, verfügen nämlich über verschiedene Böden (Sand, Lehm) und spezifische Mikroklimas. Der „Parada de Atauta“ entstammt rein sandigen Lagen (siehe Foto unten). Die Reben des Rotweins „Dominio de Atauta“ wachsen hingegen auf lehmigen Böden. Und für den „Valdegatiles“ werden die Trauben nur aus einem kleinen Duero-Seitental entnommen, in dem ein spezielles Mikroklima vorherrscht, welches sich von dem am großen Flusslauf unterscheidet.

Beim Genuss dieser Gewächsen lässt sich also praxisnah feststellen, wie Terroir den Charakter von Weinen prägt. In Kürze werden diese drei Rotweine von Dominio de Atauta in unserem Vino & Alma-Shop beziehbar sein. Schauen Sie einfach bald wieder vorbei.

Terroir in Ribera del Duero, Dominio de Atauta
Sandböden bei Dominio de Atauta in Ribera del Duero. (Foto: Martin Müller)

Fazit: „Wein ist Geografie in der Flasche“

Hinter dem Begriff „Terroir“ steht die Idee, dass die natürlichen und geografischen Besonderheiten von Weinlagen im Wein selbst zum Vorschein kommen. „Wein ist Geografie in der Flasche“, schreibt die bekannte Weinkritikerin Jancis Robinson. In dieser Aussage steckt viel Wahrheit. Wein ist auch deshalb so faszinierend und so unglaublich facettenreich, weil es wie kein zweites Getränk seine natürliche Umgebung auszudrücken vermag.

„Terroir“ fasst also das faszinierende wie komplexe Zusammenspiel von Boden- und Klimaaspekten sowie von geografischen und biologischen Faktoren im Weinbau zusammen. Das Wort steht für ein einzigartiges Fleckchen Erde, das bei entsprechender Vinifizierung einen unverwechselbaren Wein hervorbringt. Der Weinmacher, bzw. der Mensch, ist somit auch Teil des Terroirs. Denn dieser entscheidet, wie er den Wein anbaut und keltert. 

Also alles Terroir? Sicher nicht! Terroir – per Definition die natürliche Beschaffenheit eines Fleckchens Erde – wird zum Beispiel durch den Einsatz von Kunstdüngern oder künstlicher Bewässerung bereits verfälscht. Wer darüber hinaus im Keller die Weine mit Aromenhefen vergärt, ihnen Säure zuführt oder entzieht verfälscht ebenfalls das natürliche Ergebnis. Das sind alles Methoden, die recht häufig angewendet werden. Weshalb es in der Realität deutlich weniger „Terroir-Weine“ gibt, wie es uns das Weinmarketing glauben machen will. Solche Weine können natürlich trotzdem großartig schmecken, aber Terroir sind sie nicht.

Selbst der Ausbau in neuen Barriquefässern ist in Bezug auf Terroir kritisch zu sehen. Neuholz verleiht einem Wein nicht nur Struktur, es aromatisiert ihn außerdem. Streng genommen werden die echten „Terroir-Weine“ in gebrauchten Fässern ausgebaut. Diese lassen eine Mikrooxydation des Weins zu, ohne seinen Duft und Geschmack durch Holznoten zu verändern. Wie sehen Sie das? Würden Sie dem widersprechen?

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