Der Klimawandel betrifft alle Länder dieser Erde. Im generell heißen und trockenen Spanien macht sich die Erderwärmung und zunehmende Trockenheit jedoch ganz besonders bemerkbar. So prophezeien Studien von Experten eine „Afrikanisierung“ Spaniens bzw. sehen diese schon in vollem Gange, da ganze Landstriche in Süd- und Zentralspanien verkarsten. Man spricht diesbezüglich von einer „Desertifikation“, das heißt, die Böden sind zu arm, zu ausgelaugt und zu trocken, um sie kultivieren zu können.
Mit schlechten Nachrichten kam auch der staatliche spanische meteorologische Dienst AEMET im Jahr 2019 daher. Die heutigen Sommer auf der Iberischen Halbinsel würden im Vergleich zu Beginn der 1980er-Jahre im Schnitt um fünf Wochen länger andauern.
Zudem gefährden extreme Hitzewellen und eine teils dramatische Wasserarmut im Mittelmeerraum ganze Ökosysteme und die Landwirtschaft. Last, but not least sind atlantische Gebiete wie die Kanarischen Inseln und Galicien vom steigenden Meeresspiegel und von Wetterextremen betroffen.
Welche Hauptprobleme der Klimawandel im spanischen Weinbau verursacht
Weinbau ist nichts anderes als Landwirtschaft. Zudem spiegelt sich das Klima im Wein wie in keinem anderen Getränk wider. Spanien war natürlich schon immer ein heißes, von der Sonne verwöhntes Land, in dem eher kraftvolle Weine mit reifer Frucht und tendenziell höheren Alkoholgraden entstehen. Die Weine sind allerdings zumeist frisch, weil der spanische Weinbau mehrheitlich von Hochebenen und deren kühlen Nächten profitiert.
Wenn das Klima nun aber immer heißer wird, dann produzieren die Trauben mehr Zucker, was noch höhere Alkoholgrade zur Folge hat. Zudem können Weinbeeren die Säure umso schlechter konservieren, je wärmer es ist. Früher oder später könnte es deshalb geschehen, dass spanische Weine wegen der Erderwärmung zu alkoholisch und zu säurearm ausfallen.
Ein weiteres Problem ist, dass die Weinreben während der Hitzewellen und den langen Trockenphasen im spanischen Sommer in Stress geraten und ihre Reifung einstellen. Selbst in so regenreichen atlantischen Gebieten wie Rías Baixas kommt es inzwischen vor, dass manche Sommer ungewöhnlich heiß und regenarm ausfallen und die Reben im Trockenstress sind. Dies kann Ernteausfälle und schlechtere Traubenqualitäten bedingen.
Natürlich schauen Spaniens Winzer dem Klimawandel nicht tatenlos zu. Fünf Strategien und Problemlösungen, die sie im Weinberg anwenden, um trotz Erderwärmung hohe Qualitäten zu erzielen, beschreiben wir im Folgenden.
1. Biologischer und biodynamischer Anbau
Der Weinbau hat mit einem Jahrzehntelangen Einsatz von Pestiziden, Herbiziden und Kunstdüngern teils selbst zu den heutigen Problemen beigetragen. Kurz- und mittelfristig ließen sich so sichere Ernten und hohe Erträge einfahren. Langfristig hat es die Böden ausgelaugt und die Biodiversität in den Weinbergen zerstört.
Ein für die Böden und Natur schädlicher Weinbau findet heute immer noch statt. Bei jenen Weingütern, die nicht auf Masse, sondern auf Qualität setzen, erkennt man aber ganz deutlich eine Bewegung hin zum biologischen und biodynamischen Anbau. Gesunde Böden sind nämlich die Basis von allem und ein probates Mittel, um einer Verwüstung vorzubeugen.
In einem Bericht vom Dezember 2018 prognostizierte der Europäische Rechnungshof, dass drei Viertel der Landesfläche Spaniens bald Wüste sein könnten, weil vielerorts die Böden zu trocken sind und es ihnen an Nährstoffen mangelt, um darauf etwas anzubauen. Nur eine biologische oder biodynamische Landwirtschaft, die sich um die Gesundheit der Böden kümmert, kann diesem Prozess entgegenwirken.
2. Alte Reben
Qualitätsbewusste Weinmacher setzen zudem verstärkt auf alte Reben. Solche Reben mit einem Alter von 50, 70 und sogar über 100 Jahren sind in Spanien keine Seltenheit. Die Stöcke ergeben niedrigere Erträge als junge Reben, was bereits gut für die Qualität ist.
Ein besonders großer Vorteil alter Reben besteht ferner darin, dass sie tief wurzeln. Während Hitzewellen und besonders langen Trockenphasen können sie sich deshalb aus tieferen Bodenschichten noch mit Wasser versorgen und geraten deshalb nicht so schnell in Hitzestress wie junge Reben, deren Wurzelwerk weniger tief reicht.
Last, but not least werden alte Reben zumeist in Buscherziehung gehalten. Dieses Rebenerziehungssystem hat den Vorteil, dass die Pflanze ein Blätterdach bildet und die Trauben vor direkter Sonneneinstrahlung schützt.

3. Höhenlagen
Die für Spanien schon immer wichtigen Hochlagen werden im Zuge des Klimawandels nochmals eine bedeutendere Rolle spielen, um frische und gut balancierte Weine zu erzeugen.
In Südspanien finden sich heute schon Weinberge auf fast 1400 Metern Meereshöhe. Es handelt sich um die höchsten Lagen in Kontinentaleuropa. Die Sommernächte fallen dort kühl aus, was einen längeren Reifezyklus ermöglicht und Trauben mit guter Balance aus Frucht, Zucker und Säure ergibt.
Und selbst in einem nordspanischen Anbaugebiet wie Ribera del Duero wird Wein heute auf teils über 1000 Meter Höhe angebaut. Vor vierzig Jahren war dies noch nicht möglich, weil das Klima schlichtweg kühler war und die Reben in solchen Höhen nicht ausreiften.

4. Neue (alte) Rebsorten gegen den Klimawandel
Ein Revival – bislang in überschaubarem Maße – erleben überall in Spanien alte lokale Rebsorten, die im 20. Jahrhundert fast ausgestorben wären, weil sie für den Weinbau nicht mehr attraktiv erschienen. Diese Rückbesinnung auf vergessene Trauben geschieht weniger aus Nostalgie, sondern überwiegend aus Pragmatismus: Sorten wie Tinto Velasco, Arcos, Pirene und Dutzende mehr ergeben nämlich hellere und leichtere Rotweine mit relativ hoher Säure und niedrigen Alkoholgraden.
In einem sich anheizenden Klima haben diese Trauben mit ihrer natürlichen hohen Säure und dem niedrigeren Zuckergehalt wieder eine Zukunft. Weinpioniere testen schon jetzt mit den bisland weitgehend unbekannten Reben und keltern bereits Topweine daraus. Gut möglich, dass es in dreißig Jahren zu heiß für die eher säurearme Tempranillo und die tendenziell alkoholische Garnacha wird, um weiterhin Spitzenweine aus ihnen zu gewinnen. Da braucht es Sorten, die in deren Fußstapfen treten können.
5. Späterer Rebschnitt und versetzte Weinlese
Um trotz Klimawandel nach wie vor frische Weine erzeugen zu können, praktizieren immer mehr Weingüter eine zeitversetzte Weinlese. Das heißt, ein Teil der Trauben eines Weinbergs wird etwas zu früh geerntet. Der aus diesen „grünen“ Trauben gewonnene Wein hat eine spitze, knackige Säure und wird dann zu einer Cuvée mit jenem Wein der später gelesenen (reifen) Trauben zusammengefügt. Somit erhält man einen Wein, der sowohl reif und aromatisch als auch frisch ist.
Last, but not least führen Winzer den winterlichen Rebschnitt oft erst im März aus (statt wie früher im Januar und Februar). Dies hat ebenfalls mit dem insgesamt wärmeren Klima und den zunehmenden Wetterextremen zu tun: Falls die Wintermonate zu warm ausfallen (was keine Seltenheit mehr ist), dann könnten bereits beschnittene Weinstöcke beginnen auszutreiben und die Triebe dann von einem Frost im März oder April zerstört werden. Mit einem späteren Rebschnitt wird diese Gefahr zumindest reduziert.
Und was ist mit dem CO2-Fußabdruck von Wein?
Die hier beschrieben Methoden können den Klimawandel selbstverständlich nicht aufhalten, sondern nur seine Folgen abmildern. Wie hoch der CO2-Fußabdruck von Wein ist und was der Weinbau tun kann bzw. bereits unternimmt, um CO2-Emissionen zu vermeiden, davon handelt der zweite Teil dieser Beitragsreihe, den wir in Kürze veröffentlichen.