Weinschmeckerland Galicien

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Galicien ist ein ganz besonderer Teil Spaniens, ein in weiten Teilen regenreiches, grünes und fruchtbares Land am Atlantik. Galicien ist berühmt für die Pilgerstadt Santiago de Compostela und bei Feinschmeckern für seine Meeresfrüchte und Weißweine beliebt. Einige Spezialitäten und Weine der Region stellen wir im Folgenden vor.

Landesspezialitäten – der Atlantik grüßt

Die galicische Küche ist natürlich vom Atlantik und dessen Meeresfrüchten geprägt. Begibt man sich beispielsweise auf den größten Markt in Santiago de Compostela, dann überwältigt einen das Angebot und die Auswahl an Meeresgetier geradezu.

Eine exklusive Spezialität sind Percebes, auf deutsch: Entenmuscheln. Der deutsche Name ist allerdings irreführend, denn Percebes sind keine Muscheln, sondern sogenannte Rankenfüßer. Percebes sehen ein wenig gruselig aus, schmecken aber einzigartig nach Meer. Man kocht sie in Salzwasser und isst sie nicht ganz, sondern nur das helle Fleisch, nachdem man zuvor die Schale entfernt hat.

Nicht allein der spezifische und charaktervolle Geschmack macht die Percebes so besonders. Die Meeresfrüchte sind teuer, weil sie unter schwierigsten und gefährlichen Bedingungen „geerntet“ werden. Bei der Ernte sind schon Menschen ums Leben gekommen. Die Rankenfüßer wachsen an Felswänden, gegen welche die Atlantikwellen regelmäßig schlagen. Und das fiese an der Sache: Je wilder das Meer, umso besser fallen die Meeresfrüchte in der Qualität aus.

Percebes, eine Spezialität in Galicien
Percebes sehen ziemlich seltsam aus, die Meeresfrüchte schmecken aber köstlich (Foto: © Thomas Götz)

Feinste Qualitäten hält die galicische Atlantikküste ebenfalls bei Hummer (Bogavantes), Austern (Ostras) und Jakobsmuscheln (Vieiras) parat. Jakobsmuscheln passen dem Namen nach freilich zu Santiago de Compostela, man nennt sie deshalb auch Pilgermuscheln.

Ein in ganz Spanien populäres Gericht ist Pulpo a la Gallega, also übersetzt: Oktopus nach galicischer Art. Zuerst kocht man Kartoffeln – die in Galicien häufig angebaut werden – und schneidet sie in dünne Scheiben. Die Kartoffelscheiben legt man dann auf einem Teller aus. Parallel dazu wird die Krake in Salzwasser gekocht. Anschließend schneidet man den Tintenfisch in feine Streifen und legt diese quasi auf dem Kartoffelbett aus. Darüber träufelt man Olivenöl und würzt das Ganze mit Meersalz und süßem Paprikapulver. Köstlich!

Man erhält alle diese Meeresfrüchte und Gerichte frisch bzw. frisch zubereitet auf dem Tagesmarkt in Santiago de Compostela. Es gibt in diesem Markt außerdem eine nette und hervorragende Vinothek, so dass man die Austern, Percebes & Co. sogleich mit einem passenden Wein aus der Region verzehren kann. Mehr Galicien-Genuss geht kaum.

Auf dem Mercado de Abastos in Santiago de Compostela
Auf dem Mercado de Abastos in Santiago de Compostela (Foto: © Thomas Götz)

Galicien – Weingebiete und Rebsorten

Natürlich sind galicische Weine die besten Begleiter zur galicischen Küche: Direkt am Atlantik befindet sich das Qualitätsweingebiet Rias Baixas. Zu 95 Prozent ist hier die Weißweintraube Albariño im Anbau. Es ist eine seit Jahrhunderten heimische Traube, die mit dem feuchten atlantischen Klima am besten zurecht kommt, weil sie eine große Widerstandskraft gegenüber Fäulnisbefall besitzt. Um die 1500 mm Niederschlag fallen im Jahr am galicischen Atlantik, viele Trauben würden in so einem nassen Klima nicht überleben können.

Um sie vor Feuchtigkeit besser zu schützen und um eine gute Durchlüftung der Weinberge zu gewährleisten, wird die Albariño in Rías Baixas oftmals in Pergolaerziehung gehalten. Die Sorte ergibt knackig-frische Weißweine, die bei den guten Erzeugern aromatisch komplex, spektakulär mineralisch und tiefgründig ausfallen. Für viele Weinliebhaber gelten die Albariños aus Galicien als die besten Weißweine Spaniens. Wir widersprechen diesbezüglich nicht.

Albariño-Weinlagen in Rías Baixas
Albariño-Lagen in Rías Baixas. Am hinteren Weinberg sieht man die Pergola-Haltung, bei der die Trauben etwa 1,5 m über dem Boden hängen (Foto: © Thomas Götz).

Galicischer Wein ist und kann aber noch viel mehr: Aus dem Schatten der Albariño hat sich in den vergangenen fünfzehn Jahren die weiße Traube Godello gelöst. Man findet sie vor allem im Anbaugebiet Valdeorras, das landeinwärts liegt. Valdeorras befindet sich bereits 130 Kilometer Luftlinie vom Atlantik entfernt. Das Klima ist im Vergleich deutlich trockener und wärmer und hat bereits mediterrane Einflüsse. Man kann sich hier auch im Oktober noch einen üblen Sonnenbrand zuziehen.

Dafür liegen die Weinberge in Valdeorras höher, teils auf über 700 Metern Meereshöhe. Die kühlen Nächte ergeben ebenfalls saftig-frische Weine, von denen die besten Gewächse absolute Weltklasse darstellen: Der hochfeine und elektrisierende Godello-Weißwein „Sorte o Soro“ (Jg. 2016) des Starwinzers Rafael Palacios ist zum Beispiel mit 98 Parker-Punkten bewertet.

Es muss nicht zwingend Weißwein sein! Galicien bietet darüber hinaus exzellente Rotweine aus heimischen Rebsorten wie Espadeiro, Brancellao und Merenzao. Besonders bekannt und beliebt sind die Rotweine aus der Sorte Mencía aus dem Anbaugebiet Ribeira Sacra. Jene autochthone Traube ergibt in dieser Appellation tendenziell hellfarbige Rotweine mit schlanker und eleganter Stilistik. Die Gewächse vermitteln in der Tat einen kühleren atlantischen Eindruck und entsprechen so gar nicht dem Klischee des dicht konzentrierten und kraftvollen Spaniers.

Ribeira Sacra befindet sich geografisch zwischen Rías Baixas am Atlantik und Valdeorras, das an Kastilien-León grenzt. Klimatisch ist es ebenfalls zwischen diesen beiden Regionen anzusiedeln. Das Gebiet hat atlantische, kontinentale und in den Südhängen teils mediterrane Einflüsse. Der Weinbau in Ribeira Sacra wird in Spanien als „Viticultura Heroica“ (Heldenhafter Weinanbau) bezeichnet. Schaut man sich die brutalen Steillagen am Ufer des Flusses Sil an, weiß man sofort, was damit gemeint ist. Die terrassierten Rebgärten sind äußerst schwer zu bearbeiten und nur etwas für schwindelfreie Winzer.

Spektakuläre Weinsteillagen in Ribeira Sacra
Spektakuläre Weinsteillagen in Ribeira Sacra. Hier wächst vor allem die rote Traube Mencia (Foto: © Thomas Götz).

Galicien im Vino&Alma-Shop

Von Spaniens Weißweinstar Rafael Palacios kommt die sortenreine Godello Louro 2019. Sicher einer der besten spanischen Weißweine unter zwanzig Euro.

Top-Gewächse aus Albariño erzeugt unter anderem das Weingut Anadigna. Die Reben dieser Weißweine sind teils bis zu 160 Jahre alt und stammen somit aus Vor-Reblaus-Zeiten.


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