Bodegas Hydria – weniger ist mehr!

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Begibt man sich in die südspanische Region Murcia, dann wandelt man auf den Spuren der Rebsorte Monastrell. Im Anbaugebiet D.O. Bullas keltern die Geschwister Marina und Joaquin Sanchéz klasse Rotweine aus eben dieser Traube. Ihr Weingut – Bodegas Hydria – ist dabei ein noch junges Projekt: Im Jahr 2013 kauften sich Marina und Joaquin einen verwilderten, mit fünfzig Jahre alten Reben bestockten Weinberg, den sie mit viel Arbeit und Herzblut rekultivierten. 2015 kelterten sie dann den ersten Jahrgang: „Es fühlt sich an als hätten wir gestern begonnen“, sagt Joaquin. Kürzlich haben wir uns auf Zoom mit den beiden über ihre Weine und das Anbaugebiet unterhalten.

Bodegas Hydria – Hochlage und Kalkböden

Die Kleinstadt Bullas, nach der das Weingebiet benannt ist, befindet sich achtzig Kilometer Luftlinie vom Mittelmeer entfernt. Trotz dieser Nähe zum Meer liegt die Gegend bereits auf 800 Metern Höhe. Wie weite Teile Spaniens erstreckt sich Bullas ebenfalls auf einer Hochebene. Man könnte vielleicht sogar besser sagen, dass es sich um ein bergiges Gebiet auf einem Hochplateau handelt. Denn Bullas liegt zum Beispiel höher als die benachbarten Appellationen Jumilla und Yecla.

Der ausgeprägte Höhenfaktor spielt eine wichtige Rolle für Weinqualität in Bullas: Obwohl wir uns in einer heißen südspanischen Region befinden, kühlt es in den Sommermonaten nachts merklich ab. Über 20°C können die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht betragen. Läge Bullas zum Beispiel nur auf 400 Metern Höhe, dann wären die Nächte wärmer und die Beeren würden insbesondere im Spätsommer viel mehr Säure verlieren. So aber kann Bodegas Hydria auf exzellente Traubenqualität zurückgreifen. Dank der Höhenlage verfügen die Weine über „eine lebhafte Säure und hervorragende Frische“, heben Marina und Joaquin im Gespräch hervor: „Wir müssen im Keller nie ansäuern, die Frische in unseren Weinen kommt allein von den Beeren.“

Schnee ist in Bullas im Winter keine Seltenheit. Hier ein Weinberg von Bodegas Hydria.

Ein weiteres Merkmal des gesamten spanischen Mittelmeerraums sind die stark kalkhaltigen Böden. Ein hoher Anteil an Kalkstein und Kalksand sowie lehmige und steinige Formationen finden sich nahezu überall im mediterranen Hinterland – in Katalonien, in Valencia und ebenfalls in Murcia. Kalkhaltige Böden tragen zur Finesse im Wein bei. Auf lehmigen Böden werden die Beerenschalen etwas dicker, was wiederum mehr Tannin und eine gute Struktur im Wein begünstigt.

„Wir haben hier sehr gut Böden und eine sehr gute Höhenlage. Das ist eine perfekte Kombination, um sehr gute Weine zu erzeugen“, meint Joaquin und scherzt: „Es ist schwierig einen schlechten Wein bei diesen Bedingungen zu machen.“

Schlechte Weine gibt es leider überall – auch in Bullas – aber jene von Bodegas Hydria fallen sicher nicht in diese Kategorie. Die Hochlage und Böden mögen klasse Rahmenbedingungen bieten, aber Klasseweine ergeben sie nicht automatisch. Die wichtigsten Faktoren sind der Mensch, in diesem Fall Winzer und Winzerin, und die Gesamtqualität des Weinbergs.

Nehmen wir zum Beispiel den Spitzenwein Mil Acordes 2017 (26,90 €) aus der Rebsorte Monastrell, der über eine großartige Konzentration und Balance verfügt: Als Joaquin und Marina den Weinberg kauften, war er zuvor sechs Jahre verlassen und entsprechend verwildert. Mit viel Arbeit und Leidenschaft setzten sie die Lage wieder instand. Obwohl sie nicht biologisch zertifiziert sind, arbeiten sie danach: Sie verwenden keine Spritzmittel und Kunstdünger. Die Monastrell-Reben in diesem Weinberg sind über fünfzig Jahre alt und ihre Erträge sind mit 750 Kilogramm je Hektar verschwindend gering (3000 bis 4000 kg sind sonst üblich). Dafür sind die Trauben kleiner, und der Beerensaft ist entsprechend konzentrierter und aromatischer. Zu ihrem Rotwein „Mil Acordes“ sagen sie:

„Das wichtigste für uns ist die Qualität der alten Reben im Wein zum Ausdruck zu bringen. Wir haben einen einzigartigen Weinberg, also muss auch der Wein speziell sein. Deshalb gehen wir beim Ausbau sehr vorsichtig mit Holz um und geben dem Wein keine Chemie bei. Wir wollen den Wein nicht maskieren und den Charakter des Weinbergs nicht verfälschen.“

Abgesehen von einer sehr geringen Schwefelzugabe, machen Marina und Joaquin so wenig wie möglich am Wein. Im englischen Sprachgebrauch üblich sind die Begriffe „low-interference“ bzw. „minimal intervention“. Ihren Weinen setzen sie keine Zuchthefen und keine Schönungsmittel zu. Darüber hinaus ziehen sie so wenig wie möglich um und filtrieren minimal. „Weniger ist mehr“, lautet ein Spruch des Architekten Mies van der Rohe. Diese Weisheit trifft ebenso auf die Weinbereitung zu, und Joaquin und Marina machen sich dies zu eigen.

Marina und Joaquin Sánchez vor ihrer Kellerei.

Monastrell, Macabeo und ein bisschen Syrnacha

Sprechen wir von Bullas, dann sprechen wir automatisch von der Rebsorte Monastrell. Die Rotweintraube hat ihren Ursprung im Südosten Spaniens. Abgesehen von Bullas ist sie vor allem in den nahgelegenen Weingebieten Jumilla, Yecla und Alicante beliebt. In jenen levantinischen Gebieten hat sich die Monastrell über Jahrtausende hinweg perfekt an die heißen und trockenen klimatischen Bedingungen angepasst. Die Reben müssen bei Hydria noch nicht einmal bewässert werden, so genügsam sind sie.

„Monastrell ist unsere Identität“, sagt Joaquin. Da es eine sehr langsam reifende Sorte ist, benötigt sie sogar lange, trockene und warme Spätsommer, um vollständig reifen zu können. Atlantische nordspanische Gebiete wären für die Rebe zu kühl und ihre Trauben würden gar nicht ausreifen.


Rotweine aus Monastrell gibt es bei Bodegas Hydria natürlich in allen Preisklassen: Bereits der günstige Einstieg 7 Sostenidos Monastrell 2019 (8,90 €) bietet viel Wein für wenig Geld. Ebenfalls für Klasse in seinem Preissegment seht die sortenreine Monastrell 88 Teclas 2016 (15,90 €). Den Top-Wein Mil Acordes hatten wir vorangehend bereits erwähnt.

Alte Monastrell-Reben bei Bodegas Hydria

Darüber hinaus setzt Bodegas Hydria auf weitere typisch mediterrane Sorten wie Syrah, Garnacha und Macabeo. Das macht natürlich Sinn, denn auch diese Reben haben sich seit Jahrhunderten an das heiße und trockene mediterrane Klima adaptiert.

Was Joaquin und Marina aus diesen Trauben herausholen, ist wirklich spitze und ungewöhnlich: Insbesondere die beiden Weißweine aus Macabeo sind für ein südspanisches Gebiet erstaunlich knackig und frisch: 4 Cuerdas 2019 (11,90 €) und 4 Cuerdas Barrica 2019 kommen aromatisch expressiv und mit lebhafter Säure daher. Selbst der Alkoholgehalt mit jeweils 12% Vol. ist für Südspanien verblüffend gering. Beide diese Weißweine sind nicht nur sehr gut, sondern auch interessant. Jener mit Barriqueausbau hat eine cremigere Textur, das Holz ist erfreulich gut eingebunden und maskiert den Wein nicht.

Für ihre zwei Weißweine „4 Cuerdas“ (einer mit, einer ohne Holzausbau) verwenden Joaquin und Marina übrigens nur den Vorlaufmost, der über besonders viele Frische verfügt. Da jener Vorlaufmost mit minimaler Pressung gewonnen wird, sind die Weißweine farblich hell.

Den Pressmost aus den Macabeo-Trauben verwendet Bodegas Hydria neuerdings für einen Orange Wine. Dieser Most enthält mehr Tannin und Extrakt. Durch die Maischestandzeit von 25 Tagen bekommt der Wein ferner eine orange Farbe, die er aus den Beerenschalen zieht. Im Anschluss geben Joaquin und Marina den Orangewein in Holzfässer, die sie nur zur Hälfte auffüllen. So bildet der Wein eine Florhefeschicht und reift weitere fünf Monate. Im Resultat entsteht ein spannendes Gewächs mit erdigem Charakter und guter Struktur.

Im Barrique-Keller bei Bodegas Hydria

Bodegas Hydria im Shop von Vino&Alma

Bodegas Hydria ist mit einer Produktion von 35.000 Flaschen im Jahr ein kleines Familienweingut. Im Fokus steht Qualität und nicht Quantität. Neben Wein lieben Joaquin und Marina die Musik. Joaquins Tochter ist mit sechzehn Jahren bereits Konzertpianistin und tritt weltweit auf. Aus dieser Liebe zur Musik leiten sich die Namen der Weine und die Motive der Etiketten ab. Sie sind von einem regionalen Künstler gestaltet, der außerdem ein Freund aus Kindheitstagen ist. Aus ästhetischer wie qualitativer Sicht können wir Bodegas Hydria wärmstens empfehlen.

Bezugslink: https://www.vinoalma.de/hersteller/bodegas-hydria/

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