Alles Holz? Worin Rotwein sonst noch reifen kann

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Der Weinausbau in Barriquefässern hat in Spanien eine lange Tradition. Jene 225 Liter fassenden Eichenfässer werden in der Rioja seit den 1860er-Jahren eingesetzt und haben von dort aus quasi das gesamte Land erobert. Neuerdings geht der spanische Trend allerdings weg von den kleinen Barriques, hin zu größeren Holzgebinden oder sogar zu ganz anderen Behältnissen wie Stahltank, Beton-Eier und Tonamphoren. In diesem Beitrag gehen wir darauf ein, warum das so ist und welche Vorteile die verschiedenen Ausbauarten mit sich bringen.

Die Weinreifung im Holzfass

Viele Rotweine benötigen eine gewisse Reifezeit bei schonender Oxidation, um wirklich gut zu werden. Diesbezüglich sind Holzfässer nahezu ideale Behältnisse, weil Wein durch die Poren des Holzes “atmen” kann und so zu seiner Balance findet.

Darüber hinaus beeinflusst der Holzausbau die Struktur eines Weins: Das Tannin frisch vergorener Rotweine wirkt häufig adstringierend und aggressiv am Gaumen. Wenn sich das Weintannin mit dem Holztannin verbindet, dann entstehen längere “Tanninketten”, die den Wein paradoxerweise weicher und ausbalancierter sowie ebenfalls stabiler und langlebiger machen. Vor allem bei Trauben, welche viele bittere Gerbstoffe besitzen  – wie zum Beispiel Cariñena, Syrah oder Cabernet Sauvignon – kann sich die Verbindung mit Holztannin positiv auf Eleganz und Harmonie des Weins auswirken. Naturgemäß weicheren Sorten wie Pinot Noir, Merlot oder Garnacha bescheren Holztannine wiederum mehr Struktur und längere Lebensdauer.

Last, but not least nimmt Holz einen Einfluss auf die Aromatik des Weins. Typische Holznoten im Wein sind zum Beispiel Vanille, Tabak und Karamell. Manche Weinmacher betrachten diese Aromen als Vorteil. Andere Winzer (und Weintrinker) stören sich hingegen daran, weil diese Holzaromen schnell die sortentypischen Fruchtaromen der Traube überlagern. Und genau deshalb verwenden heutzutage viele Winzer entweder größere Holzfässer (bei denen der Holzkontakt des Weins geringer ist) oder sie steigen auf ganz andere Behälter um. Um diese Behältniss soll es im Folgenden gehen.

Crianza, Reserva und Gran Reserva. Weinausbau im Holzfass
Holzfässer sind in Spanien immer noch die beliebtesten, aber nicht mehr die einzigen Behältnisse beim Ausbau von Rotweinen.

Der Edelstahltank – luftdicht und geschmacksneutral

Edelstahltanks kommen in der Weinbereitung schon seit vielen Jahrzehnten zum Einsatz. Hauptsächlich dienen sie als Gärbehälter, in denen Wein unter Temperaturkontrolle und vor Oxidation geschützt vergärt. 

Mittlerweile bauen jedoch manche Weinmacher selbst ihre Rotweine einzig in Edelstahltanks aus. Dabei ist der Stahltank so ziemlich das Gegenteil vom Holzfass: Er ist luftdicht und gibt keine Tannine und Aromen an den Wein ab. Man spricht deshalb von einem “reduktiven Ausbau”, im Gegensatz zum dezent “oxidativen Ausbau” im Holzfass. Einige Winzer bevorzugen den reduktiven Ausbau, weil er die Fruchtaromen der Traube schont bzw. deutlicher zur Geltung bringt und somit die Weine im Geschmack sortenreiner erscheinen lässt. 

Ein Nachteil beim Weinausbau von Rotweinen in Edelstahltanks besteht darin, dass man hierbei nicht wirklich komplexe Rotweine erhält. Die Weine zeichnen sich eher durch einen frischen und fruchtigen Stil aus, es sind leckere Alltagsweine, aber Spitzenweine lassen sich allein im Edelstahltank kaum erzeugen. 

Der Weinausbau in Betonbehältern und Tonamphoren

Halten wir kurz fest: Rotweinen tut einerseits ein mikrooxidativer Ausbau gut, damit sie ideal reifen und ihr ganzes Potenzial entfalten können. Dieser Fakt spricht für das Holzfass und gegen den Edelstahltank. Andererseits geht der Konsumtrend vor allem bei der jüngeren Generation hin zu fruchtbetonten Weinen, in denen süßlich-würzige Holznoten gar nicht mehr erwünscht sind. Dieser Umstand spricht wiederum gegen Holzfässer und für Edelstahltanks.

Manche Winzer sehen die Lösung in der Verwendung von Beton-Eiern oder Tonamphoren. Diese Behältnisse vereinen für sie das Beste von zwei Welten: Sowohl Beton-Eier als auch Tonamphoren sind porös und somit luftdurchlässig. Wie Holzfässer erlauben sie also eine Mikrooxidation. Im Gegensatz zu Holzfässern geben Beton und Ton allerdings nahezu keine Eigenaromen an den Wein ab. Und dies begünstigt die Erzeugung von Rotweinen mit dominierender Primärfrucht, wie es bei den Edelstahltanks der Fall ist.

Auffällig viele Winzer, die biodynamisch arbeiten und Naturweine erzeugen, verwenden Tonamphoren. Für sie bedeuten diese Gefäße einen Weg „zurück zu den Wurzeln“ des Weinbaus. Denn eigentlich sind Tonamphoren keine Neuerscheinung der letzten 15 Jahre, sondern seit rund 7000 Jahren in Ländern wie Georgien im Gebrauch.

Also alles perfekt mit Beton-Eiern und Tonamphoren? Nicht zwingend. Was ihnen im Vergleich zu Fässern fehlt, ist natürlich das Holztannin, welches in der Lage ist Weinen viel Struktur und Langlebigkeit zu verleihen. Dies dürfte auch der Grund sein, weshalb Holzfässer immer noch das führende Behältnis beim Weinausbau von Rotweinen sind.

Man kann somit sagen, dass es viele geeignete Behältnisse für den Weinausbau gibt, aber nicht das eine einzige Perfekte. Am Ende ist es die Entscheidung des Weinmachers bzw. des Kellermeisters einen eigenen Weinstil zu definieren und an diesem die Ausbauart festzulegen. Viele Weingüter setzen dabei auf Mischformen. Sie verwenden Edelstahltanks, Holzfässer und Betonbehälter für unterschiedliche Rotweine bzw. Weinlinien. Manchmal wird auch ein Teil des Weins in Holzfässern ausgebaut, ein anderer in Beton und danach werden die Weine zu einer Cuvée verbunden. Der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt.

Weinausbau in Edelstahltank und Beton-Ei.
Edelstahltanks und im Vordergrund ein Beton-Ei.

Fazit zum Weinausbau in alternativen Behältnissen zum Barrique

Der heutige Trinktrend geht weg von Holzaromen in Richtung mehr Primärfrucht im Wein. Dieser neue Konsumentengeschmack gilt nicht nur für Spanien, sondern für nahezu überall auf der Welt. Viele spanische Weinmacher setzen deshalb auf größere und teils gebrauchte Holzfässer – eben damit ihr Rotwein einen nicht ganz so dicken „Holzschmatzer“ abbekommt. Das kleine 225-l-Barriquefass hat in Spanien zwar noch lange nicht ausgedient, aber es ist nicht mehr der Alleindarsteller in den Weinkellern.

Andere Winzer suchen sogar nach ganz neuen Alternativen für den Weinausbau und finden diese in Edelstahltanks, Betonbehältern und Tonamphoren. Dies trägt zur Weinvielfalt bei und bringt für uns Weinkonsumenten eine erfreuliche Auswahl mit sich.

Bei Weißweinen – vor allem im Premiumsegment – gibt es übrigens einen umgekehrten Trend. Um ihnen mehr Struktur und Körper zu geben, bauen sie zahlreiche Weingüter in Holzfässern mit 500 bis 1500 Liter Fassungsvermögen aus. 

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