Tannine im Wein – was ist das?

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Hin und wieder kommt es vor, dass es uns beim Genuss eines Weins den Mund zusammenzieht. Der Gaumen fühlt sich fast wie betäubt an. In der Weinsprache nennt man das einen adstringierenden Wein. Das pelzige und herbe Gefühl im Mund wird durch Tannine hervorgerufen, die noch nicht vollständig abgerundet sind. Was es genau mit den Tanninen auf sich hat und warum sie vor allem bei Rotweinen eine überaus wichtige Funktion erfüllen, davon handelt dieser Beitrag.

Welche Funktion haben Tannine im (Rot)Wein?

Chemisch betrachtet gehören Tannine zur Gruppe der Phenole. Sie befinden sich sowohl bei roten als auch bei weißen Weintrauben in den Stängeln, Kernen und Beerenschalen. Die Tannine, auch Gerbstoffe genannt, wirken antiseptisch. Das heißt, sie schützen die Frucht vor Keimen, Bakterien und Fäulnis. Tannine sind also ein natürlicher Inhaltsstoff der Traube und tragen zu deren Gesundheit bei. Darüber hinaus nehmen sie wichtige Funktionen beim Ausbau und Genuss von Rotweinen ein, worauf wir nun genauer eingehen.

Tannine geben Struktur und wirken antioxidativ

Tannine geben einem Rotwein Struktur; sie „halten ihn zusammen“, wie man gerne sagt. Ganz ohne Tannin wäre ein Rotwein flach und konturlos. Dabei geht von Tanninen weder ein besonderer Geruch, noch ein spezifischer Geschmack aus. Was wir am Gaumen stattdessen wahrnehmen, ist eine andere Textur: Tannine machen einen Wein (im Idealfall) komplexer, dichter und griffiger.

Das Tannin befindet sich in den Häuten
Das Tannin befindet sich in den Häuten der Weinbeeren

Ab und zu ist ein Rotwein so stark tanninhaltig, dass es uns beim Trinken den Gaumen zusammenzieht und sich der Mund pelzig anfühlt. Hierbei handelt es sich nicht automatisch um einen schlechten Wein. Unter Umständen ist genau das Gegenteil der Fall. Vielmehr benötigt dieser Wein ein paar Jahre Flaschenreife, bzw. nun wo wir ihn schon geöffnet haben, ein paar Stunden Belüftung in der Karaffe. Mit dem Luftkontakt werden die Tannine in der Regel weicher und abgerundeter.

Es kann aber auch vorkommen, dass ein Fehler des Weinguts vorliegt: Wenn Trauben zu früh gelesen werden, sind die Tannine in den Beerenschalen und Kernen noch unreif. In diesem Fall schmeckt der spätere Wein zu bitter und hart und lässt sich kaum retten. Wie Weinmacher den richtigen Lesezeitpunkt bestimmen, darüber haben wir bereits einen Beitrag auf unserm Blog verfasst.

Last but not least binden Tannine Sauerstoff und verhindern so eine frühzeitige Oxidation des Weins. Das bedeutet zugleich, dass sich die Aromen im Wein weniger schnell verflüchtigen. Tannine sind also Inhaltsstoffe, die einen Wein (neben Säure, Zucker und Alkohol) haltbarer und lagerfähig machen.

Wie kommt das Tannin in den Rotwein und wie hält man es beim Weißwein heraus?

Bei Rotweinen ist Tannin aus oben genannten Gründen als strukturgebender Inhaltsstoff unbedingt erwünscht. Bei Weißweinen ist Tannin hingegen selten gefragt bzw. nicht gewollt. Sie sollen nämlich frischer, filigraner und delikater sein. Statt Tannin ist es die Säure, welche Struktur gibt und den Weißwein „trägt“. Aus diesem Grund werden bei Weiß- und Rotweinen unterschiedliche Verfahren der Weinbereitung angewandt.

Maischegärung bei Rotweinen und Gärung ohne Schalen bei Weißweinen

Rotweine werden auf der Maische vergoren. Maische nennt man das Gemisch aus Schalen, Kernen und Fruchtfleisch. Die Maischegärung dauert je nach Wein und Sorte fünf bis 30 Tage. In dieser Zeit extrahiert der Most die Tannine aus den Beerenschalen und Kernen. Erst nach der Maischegärung wird gepresst und der pure Wein weiter ausgebaut. Die Tannine sind aus Schalen und Kernen nun in den Wein übergegangen (auch die Farbe übrigens, deren Pigmente ebenfalls in den Schalen sitzen).

Bei der Maischegärung zieht der Most Farbe und Tannine aus den Beerenschalen
Bei der Maischegärung zieht der Most Farbe und Tannine aus den Beerenschalen (Foto: Thomas Götz)

Bei einem Weißwein werden die Trauben im Gegensatz zum Rotwein sofort gepresst und der Most wird ohne Schalen und Kerne vergoren. Somit können auch keine bzw. kaum Tannine in den Wein gelangen. Manchmal werden allerdings auch weiße Trauben auf den Schalen vergoren: Man spricht dann von einem „Orange Wine“. Bei Weinfreaks sind diese herberen und körperbetonteren Weine ziemlich angesagt. Insgesamt handelt es sich aber um Nischenweine für ein kleines Marktsegment.

Längere Tanninketten durch Ausbau im Holzfass

Tannine sind – wir hatten es gesagt – adstringierend, was bei überhöhtem Maße unangenehm bitter und herb schmeckt. Damit jener Geschmack im Wein nicht dominant zutage tritt, wählen viele Winzer den Ausbau in Holzgebinden. In Spanien sind das meistens Barriques mit 225 Liter Fassungsvermögen. Warum wird das gemacht?

Tannine befinden sich in vielen Naturstoffen, so auch im Holz. Wenn sich beim Barriqueausbau die Holztannine mit den Weintanninen verbinden, dann entstehen längere „Tanninketten“, welche zum einen das Reifepotenzial eines Weins erhöhen und zum anderen die Tannine weicher werden lassen. Die beim Fassausbau stattfindende Mikrooxidation rundet die Tannine darüber hinaus ab. Durch den Ausbau im Holzfass werden die Weine somit zugänglicher.

Rebsorten mit hohem und mit mäßigem Tanningehalt

Der natürliche Tanningehalt variiert bei Rotweinsorten sehr stark. Zum Beispiel verfügt die Cabernet Sauvignon über dicke Schalen und folglich viel Tannin. Die Häute der Pinot Noir sind hingegen dünn und enthalten weniger Tannin. Beide genannten Sorten ergeben mit die besten Weine der Welt, was folglich zeigt, dass es für die Qualität eines Rotweins nicht unbedingt ausschlaggebend ist, wieviel Tannine er enthält. Wichtig ist vor allem, dass diese reif und gut eingebettet sind. Mit viel Tannin sind die Weine in der Regel kraftvoller, mit etwas weniger tendenziell eleganter.

Spanische Rebsorten, die ergänzend zur Cabernet Sauvignon über viele Tannine verfügen sind beispielsweise Tempranillo, Cariñena und Bobal. Die häufig vorkommende Garnacha weist eher wenig Tannin auf.

Übrigens: Der Hauptgrund, warum Rotweine nicht so kalt wie Weißweine getrunken werden, liegt auch am Tanningehalt. Bei kalter Trinktemperatur hinterlässt Tannin einen harten metallischen Eindruck am Gaumen. Je mehr Tannin ein Rotwein hat, umso wärmer trinkt man ihn (allerdings bitte nicht bei Zimmertemperatur, sondern bei etwa 18 Grad). Dies ist auch ein Grund dafür, weshalb leichtere Rotweine mit relativ wenig Tannin heutzutage oftmals kühl bei 14 bis 15 Grad getrunken werden.

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