Godello und Valdeorras – ein Paar, das zusammenpasst

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Zahlreiche spanische Anbaugebiete haben sich in den vergangenen 15 bis 20 Jahren mit ihren eigenen lokalen Rebsorten aus dem Schatten von Rioja und Tempranillo, von Rueda und Verdejo gelöst. Dazu gehören beispielsweise Gredos und Garnacha, Bierzo und Mencía und ebenso Valdeorras und Godello. Letztgenannte Traube kann man aktuell als die weiße Trendrebe Spaniens bezeichnen. Wir stellen in diesem Beitrag die Godello, das Anbaugebiet Valdeorras und den Winzer Rafael Palacios vor.

Die Rebsorte Godello in der D.O. Valdeorras

Die Godello ist eine autochthone Rebsorte Galiciens. Man findet die Traube vor allem entlang des Flusses Sil in den Anbaugebieten Ribeira Sacra und Valdeorras sowie im benachbarten, zu Kastilien-León gehörenden Bierzo. Nach der großen Reblausplage gegen Ende des 19. und am Anfang des 20. Jahrhunderts zogen es die Winzer in diesen Gebieten vor, weiße Trauben wie Macabeo und Palomino Fino anzubauen. Vor fünfzig Jahren war die Godello deshalb nahezu ausgestorben. 

Glücklicherweise – so darf man sagen – wurde in den 1970er-Jahren in Valdeorras ein Programm finanziert, das den Wiederanbau alter und fast vergessener lokaler Rebsorten wie Godello förderte. So kam die Godello schrittweise wieder zu mehr Popularität. Heute werden einige der besten spanischen Weißweine aus der Traube erzeugt. 

Was ihre geschmacklichen Eigenschaften betrifft, ist die Godello nicht ganz so aromatisch wie die Rebsorten Verdejo und Albariño. Die große Stärke der Godello liegt vielmehr in ihrem großartigen Mundgefühl, das sie ergeben kann: Die guten Godello-Weine haben eine Textur, ein Volumen und eine Cremigkeit, wie sie nahezu unübertroffen sind. Darüber hinaus fällt – beispielsweise im Vergleich zur Albariño – bei der Godello-Traube der natürliche Gehalt an Weinsäure relativ hoch, die härtere Apfelsäure dagegen geringer aus. Am Gaumen erscheinen die Godello-Weine somit weicher, sehr frisch sind sie dennoch allemal. Ergänzend zeigen sie aufgrund der in Galicien vorkommenden Schiefer- und Granitböden oftmals eine spektakuläre Mineralität – die Godello kann aufgrund ihrer eher neutralen Aromatik ein Terroir sehr gut übersetzen.

Im Anbau ist die Godello hingegen eine empfindliche Rebsorte. Mit extremer Hitze kommt sie nicht klar; die Trauben erhalten schnell einen Hitzebrand. Andererseits benötigt die Sorte ausreichend Wärme und Sonne im Herbst, um auszureifen zu können. Exakt diese Bedingungen findet sie am Fluss Sil in den bereits genannten Appellationen Valdeorras, Ribeira Sacra und im Bierzo. Es ist also kein Zufall, dass die Sorte dort heimisch ist. 

Die D.O. Valdeorras (deutsch: das goldene Tal) ist eines von fünf Qualitätsweingebieten in Galicien und darunter jenes, das am weitesten landeinwärts liegt. Somit befindet sich Valdeorras am weitesten vom Atlantik entfernt. Entsprechend regnet es in Valdeorras deutlich weniger als an der galicischen Küste, insbesondere die Sommermonate und der Herbst fallen ziemlich trocken aus. 

Valdeorras ist außerdem ein bergiges Gebiet, in dem Weinbau auf bis zu 750 Metern Meereshöhe stattfindet. Aufgrund dieser Höhenlagen bestehen merkliche Temperaturschwankungen zwischen Winter und Sommer, zwischen Tag und Nacht. Jedoch ist das Wetter weniger heiß und extrem als auf der kastilischen Hochebene in Anbaugebieten wie Rueda oder Ribera del Duero, was der Godello zugute kommt. 

Weinberg von Rafael Palacios in Valdeorras (Foto: Thomas Götz).

Rafael Palacios – Spaniens Weißweinstar und seine Godellos

Valdeorras wurde bereits im Jahr 1945 als D.O.-Gebiet anerkannt. Jedoch kam der Weinbau seinerzeit nicht in Schwung, da nach dem spanischen Bürgerkrieg das arme Galicien eine große Landflucht aufzuweisen hatte. Viele Weinberge in Valdeorras verwilderten in der Folge. Heute kommt die D.O.-Appellation auf 1300 Hektar Rebfläche. Für spanische Verhältnisse ist es ein kleines Anbaugebiet. Trotzdem genießt es weltweite Reputation und Bekanntheit, welche es eben den Weinen aus der Godello-Traube zu verdanken hat.

Ein Pionier in Valdeorras ist zweifellos Rafael Palacios, der einer berühmter Winzerfamilie entstammt: Sein Vater gründete das Weingut Palacios Remondo in der Rioja, und sein älterer Bruder Alvaro Palacios hat in den 1990ern das Priorat als Weingebiet mit berühmt gemacht. 

Rafael Palacios lernte das Weinmachen im Familienbetrieb in der Rioja sowie auf Stationen rund um den Globus. Anfang der 2000er-Jahre entdeckte er das Potenzial von Valdeorras und Godello und zog für sein eigenes Projekt in jenes Gebiet. Heute kultiviert er 25 Hektar biologisch bzw. einige seiner Top-Lagen biodynamisch. Die Fläche verteilt sich auf 28 Parzellen. 

Rafael Palacios sucht nach Frische, Finesse und Mineralität in seinen Weinen. Deshalb hat er sich die höchsten Lagen in Valdeorras ausgesucht. Seine Weinberge befinden sich im Bibei-Tal auf 620 bis 750 m Höhe. „Die Hochlage und die Granitsandböden sind der Schlüssel“, sagt Rafael Palacios über seine Weine.

Rafael Palacios. Hier in einem Weinberg mit äußerst raren 100 Jahre alten Godello-Reben.

Ein Ortswein aus diversen Parzellen in der Gemeinde O Bolo ist der in Spanien enorm populäre Weißwein Louro (hier im Vino&Alma-Shop). Seine Reben sind im Schnitt 25 Jahre alt. Neben etwa 95 Prozent Godello enthält er in jedem Jahrgang einen kleinen Anteil der autochthonen Weißweinrebe Treixadura. Der Name des Weins bezieht sich auf Rafael Palacios’ Familiengeschichte: Er ist das Jüngste von neun Geschwistern und war als Kind blond. Da Vater José die Angewohnheit hatte jedem seiner Kinder einem Kosenamen zu geben, wurde aus Rafael der „Rubio“ (Blonder). Blond bzw. rubio heißt auf galicisch wiederum „Louro“.

Sicher einer der besten Weißweine ganz Spaniens ist As Sortes (hier im Vino&Alma-Shop). Rafael Palacios keltert ihn aus sechs Parzellen im Bibei-Tal. Die Weinberge befinden sich auf 680 bis 720 m.ü.NN. und wurden alle in den 1970ern im Rahmen des zuvor erwähnten Rekultivierungs-Programms gepflanzt. In Valdeorras findet man nur sehr wenige Godello-Rebstöcke, die älter als 40 bis 50 Jahre wie diese sind.

Alle Parzellen für As Sortes werden biodynamisch bewirtschaftet. Das heißt, Rafael Palacios folgt dem Mondkalender und er erzeugt Präparate wie Hornmist und Hornkiesel, die er dem Boden zuführt. Selbstredend kommen in seinen Weinbergen keine Pflanzenschutzmittel und Künstdünger zum Einsatz. Mit der biodynamischen Landwirtschaft vitalisiert er die Böden, was wiederum gesunde und widerstandsfähige Rebstöcke bedingt. Gesunde Rebstöcke sind weniger krankheitsanfällig und können Hitzewellen besser überstehen (der Klimawandel ist auch in Galicien spürbar). So entsteht eine positive Spirale. 

Rafael Palacios erzeugt nicht nur Top-Weine aus bestehenden Weinlagen. Er rekultiviert darüber hinaus die Weinlandschaft in Valdeorras, in dem er Stück für Stück verlassene Weinberge wieder im typischen Terrassensystem aufbaut und neu bepflanzt. Mit dieser mühsamen und zweitaufwändigen Arbeit trägt er einen Teil zur Wiederherstellung der einstigen Kulturlandschaft in diesem abgelegenen Teil Galiciens bei.

Die terrassierten Weinberge werden bei Rafael Palacios mit Pferden gepflügt.

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