Über achtzig Prozent der weltweiten Korkproduktion kommt von der iberischen Halbinsel. Unter anderem werden daraus Korkverschlüsse für Weinflaschen hergestellt. Wie dieser aufwändige und faszinierende Prozess abläuft und wie ein Naturkorken entsteht, erklären wir in diesem Beitrag.
Die Korkeichenwälder der iberischen Halbinsel
Kork ist ein Naturprodukt, das aus der Rinde von Korkeichen gewonnen wird. Jene Bäume wachsen in weitläufigen Waldlandschaften, die in Spanien „Dehesa“ und in Portugal „Montado“ genannt werden. In Spanien finden sich Korkeichenwälder in den Regionen Andalusien, Kastilien-La Mancha, Kastilien-León und vor allem in der Extremadura auf einer Gesamtfläche von über 500.000 Hektar. Dreißig Prozent des weltweit genutzten Korks kommt von hier. Das Nachbarland Portugal hält sogar über fünfzig Prozent des Weltmarktanteils.
Der Rohstoff Kork stellt auf der iberischen Halbinsel einen nicht unbedeutenden Industriezweig mit über 40.000 Arbeitsplätzen dar und hält darüber hinaus eine jahrhundertealte Natur- und Kulturlandschaft am Leben. Die Korkeichenwälder Spaniens und Portugals dienen nämlich ferner als Weideland für die halbwild gehaltenen Ibérico-Schweine und stellen wichtige Lebensräume für bedrohte Tier- und Vogelarten wie den Iberischen Luchs dar.

Eine Korkeiche kann alle neun Jahre geschält werden
Die Korkeiche ist der einzige Baum, den man schälen kann, ohne dass er daran Schaden nimmt. Ehe es soweit ist, muss er mindestens zwanzig Jahre wachsen, um eine Höhe von 1,50 Metern und einen Mindestdurchmesser von siebzig Zentimetern zu erreichen. Im Folgenden kann die nachwachsende Rinde regelmäßig alle neun Jahre und bis zu einem Alter von etwa 150 Jahren frisch abgezogen werden. Je nach Alter des Baums liegt der Ertrag bei zwanzig bis sechzig Kilo Kork pro Schälung.
Korkeichen können nicht maschinell „beerntet“ werden. Man benötigt dazu zwei spezialisierte Arbeiter, von denen einer fachkundig die Schnitte setzt und der andere die Schale von den Stämmen löst. Zurück bleibt ein nackter Baum, der auf’s Neue beginnt eine Rinde zu bilden.
Erst ab der dritten Schälung – also etwa im Alter von vierzig Jahren – besitzt der Kork die Qualität, die zur Herstellung von Flaschenkorken erforderlich ist. Etwa die Hälfte des weltweit vorrätigen Korks wird zu Flaschenkorken verarbeitet. Die andere Hälfte wird bspw. in der Bauindustrie zu Isolierungszwecken und für Bodenbeläge oder in der Modebranche bei der Herstellung von Schuhen und Taschen verwendet.

Die Herstellung von Korken dauert viele Monate
Ist die Korkrinde erst einmal vom Baum abgezogen, beginnt der Herstellungsprozess, den man in fünf Stufen einteilen kann:
1) Zuerst wird die Korkrinde für sechs bis 24 Monate unter freiem Himmel gelagert. Dies dient dem Zweck das Material bei gleichzeitig guter Luftzirkulation zu trocknen.
2) Danach wird die Korkrinde gedämpft und auf Edelstahlpaletten abgelegt. Die Korkschalen verlieren in diesem Bearbeitungsschritt ihre Wölbung und werden zu ebenen Platten.
3) Nach weiteren Monaten der Lagerzeit wird der Kork zur Desinfektion in heißem Wasser für etwa eine Stunde gekocht. Dämpfen und Kochen gewährleisten zugleich eine höhere Elastizität – ein nicht unwichtiges Kriterium für das spätere Endprodukt.
4) Nach der Trocknungsphase von etwa drei Wochen wird der Kork von erfahrenen Arbeitern in Bezug auf seine Qualitätsstufen sortiert. C-Ware geht an die Bauindustrie für Fußböden und zur Dämmung. Das beste Material wird für Weinkorken verwendet.
5) Die Korkplatten werden im weiteren Herstellungsprozess in passgerechte Teile zugeschnitten, aus denen nun der Weinkorken maschinell gestanzt wird.
Allein Spanien produziert auf diese Weise jährlich rund 3 Milliarden Flaschenkorken; Portugal kommt im selben Zeitraum sogar auf die astronomisch klingende Zahl von 10 Milliarden Stück.

Was es mit dem Korkfehler auf sich hat?
In Deutschland ist es mittlerweile gängig, dass sogar hochwertige Weine einen Schraubverschluss erhalten. Ein Grund in dieser Entwicklung liegt sicherlich darin, dass in den 1990er- und 2000er-Jahren die Fehlerquote bei Naturkorken recht hoch lag. Zu viele Weine wiesen den berüchtigten Korkfehler auf, und so stiegen viele deutsche Winzer auf den Drehverschluss um.
In Spanien ist ein Drehverschluss hingegen nahezu undenkbar: Weinflaschen werden hier mit einem Korken verschlossen! Der Kunde will das so. Bestimmt hat das auch damit zu tun, dass Naturkork auf der iberischen Halbinsel zuhause ist und ein Wirtschaftszweig darstellt. Ab dem mittleren Preissegment ist bei spanischen Weinen ein Naturkorken geradezu Pflicht.
Man kann positiv festhalten, dass sich die Qualität von Naturkorken im letzten Jahrzehnt aufgrund stärkerer Kontrollen deutlich verbessert hat. Korkfehler treten nur noch sehr selten – im niedrigen einstelligen Prozentbereich – auf.
Der sogenannte „Korkfehler“ wird durch Trichloranisol (TCA) ausgelöst. Das ist ein Schimmelpilz, der sich in der Korkrinde befinden kann. Ein Wein mit Korkfehler riecht dumpf und schmeckt stumpf und ist ungenießbar.
Was macht Naturkorken als Verschluss so besonders?
Die aufwändige Ernte und Herstellung macht Naturkork zur teuersten Verschlusssache von Weinen. Je nach Güte kostet ein Stück 13 Cent bis 1,20 Euro. Kunststoffkorken (4 bis 12 Cent) und Schraubverschlüsse (2 bis 50 Cent) sind preiswerter.
Die höchste Elastizität und Qualität besitzen die sogenannten „Ganzstückkorken“, also Korken, die aus einem einzigen Korkteil bestehen. Es gibt auch preislich günstigere Naturkorken, die aus mehreren Schnitzen bzw. Korkresten zusammengeleimt oder zusammengepresst werden. Diese Exemplare weisen aber nicht die Qualität eines Ganzstückkorkens auf.

Ein weiterer Qualitätsfaktor beim Naturkorken ist seine Unversehrtheit. Jeder Weintrinker kann das beim genauen Hinsehen feststellen: Bei manchen Korken finden sich Risse, die sogenannten Lentizellen. Je mehr ein Korken von solchen Rissen durchzogen ist, umso schlechter ist das: Denn der Korkverschluss durchnässt dann leichter und lässt schneller Flüssigkeit durch. Außerdem trocknet er schneller aus und wird bröselig, was ebenfalls negative Auswirkungen auf den Wein haben kann.
Andersherum gesagt: Ein nahezu lentizellenloser Ganzstückkorken ist der hochwertigste Stopfen für Weine. Er passt sich in seiner Elastizität jeden Unebenheiten im Flaschenhals an, und seine Zellwände erlauben immer noch einen minimalen Luftaustausch, der zur optimalen Reifung lang lagernder Weine wichtig ist.