Zu Besuch bei Herència Altés

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Ein Regentag war nicht eingeplant, als Vino&Alma am 1. September das Weingut Herència Altés im katalanischen Anbaugebiet Terra Alta besuchte. Trotz des mäßigen Wetters wurde es ein fabelhafter Nachmittag mit großartigen Weinen.

Empfangen wurden wir von Rafael de Haan, dem Co-Inhaber des Weinguts. Er stammt ursprünglich aus England und gründete mit seiner Partnerin Nuria Altés, die aus Terra Alta kommt, vor elf Jahren Herència Altés. Innerhalb relativ kurzer Zeit haben sie sich zu einem der absoluten Topweingüter der Appellation entwickelt. Ganz besonders ihre Weißweine aus der lokalen Rebsorte Garnacha Blanca und die Rotweine aus den Sorten Garnacha Tinta und Garnacha Peluda gehören zum besten, was Spanien in diesem Bereich zu bieten hat.

Im Land der Garnachas

Die D.O. Terra Alta ist das südlichste Anbaugebiet Kataloniens und eines, mit einem sehr interessanten Mix an Rebsorten. Besonders verbreitet sind die verschiedenen Spielarten der Garnacha (Grenache). So hält die Appellation ein Drittel der weltweiten Bestände der weißen Traube Garnacha Blanca. Fernerhin ist die in Spanien populäre Garnacha Tinta stark vertreten. Last, but not least finden sich in Terra Alta Vorkommen der äußerst raren Garnacha Peluda. Auf die Eigenschaften dieser Reben werden wir etwas später bei den Weinbesprechungen eingehen. Werfen wir zuvor einen Blick auf das Terroir.

Weinberg mit alten Reben bei Herència Altés
Weinberg mit alten Reben bei Herència Altés

Terra Alta befindet sich im Hinterland des Mittelmeers und bedeutet übersetzt „Hohes Land“. Auch wenn sich das hügelige Gebiet nicht gerade in astronomische Höhen erstreckt, so liegen die meisten Weinberge doch auf 400 bis 550 m.ü.NN. Diese moderate Höhenlage führt dazu, dass neben dem mediterranen Klima bereits ein kontinentaler Einfluss zu spüren ist, der sich in merklichen Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht bemerkbar macht. Die Nächte fallen selbst im heißen Sommer mitunter kühl aus. Das ist positiv, denn die Rebstöcke legen dann eine Ruhepause ein und die Trauben fahren ihre Zuckerproduktion herunter. Die Reifezyklen verlängern sich dadurch und gleichzeitig können die Beeren Säure besser konservieren. Dies führt letztlich zu frischeren und ausbalancierteren Weinen.

Fernerhin müssen zwei Winde genannt werden, die Terra Alta und seinen Weinbau prägen: Aus dem Norden sucht der kühle, trockene Nordwind „Cers“ das Gebiet auf. Aus östlicher Richtung, vom Mittelmeer, bläst der feuchte Wind „Garbindes“. Diese Winde halten die Weinberge zum einen kühl und zum anderen gesund. In Kombination mit dem trockenen Klima und 2700 Sonnenstunden im Jahr ist die Gefahr von Pilzkrankheiten gering. Entsprechend bestellen Herència Altés ihre sechzig Hektar Rebland nach ökologischen Anbaukriterien. Seit dem Jahrgang 2018 sind alle ihre Weine biozertifiziert.

Herència Altés – alte Reben und ein neues Weingut

Rafael de Haan führte uns durch verschiedene Weinlagen und die 2016 neu errichtete Kellerei. Als er und Nuria das Weingut gründeten, konnten sie auf Rebgärten ihrer Familie zurückgreifen. Nuria stammt aus einer lokalen Winzerfamilie und ist – wie es sich für Terra Alta gehört – mit Wein aufgewachsen. Der Name des Weinguts übersetzt sich als „Das Erbe von Altés“.

Schrittweise kauften Rafael und Nuria auch neue Weinberge dazu. Teils waren sie verwildert, enthielten allerdings beeindruckend alte Reben. Dies trifft insbesondere auf die 21 Hektar große Lage „La Serra“ zu. Der Weinberg besteht aus vielen kleinen Parzellen mit über 100 Jahre alten Reben. Als Rafael und Nuria ihn erstanden, war er in keinem guten Zustand, und es benötigte Zeit, um die Böden wieder zu vitalisieren. 

Herència Altés Garnatxa Blanca [BIO] (2021)Herència Altés Garnatxa Blanca [BIO] (2021)

Herència Altés Garnatxa Blanca [BIO] (2021)

Ein leicht fruchtiger und milder Garnacha blanca mit ansprechender [...]
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Aus dieser Lage gewinnen sie den gleichnamigen Weißwein La Serra Blanc, der vom angesehenen Decanter-Magazin zur „besten Garnacha Blanca Spaniens“ gekürt wurde. Dieser Wein ist wahnsinnig komplex und elegant. Dabei ist die Garnacha-Blanca-Sorte gar nicht so einfach zu handhaben. Die Traube baut schnell Zucker auf und oxidiert leicht. Früher waren ihre Weine als alkoholisch und unfrisch verschrien. Heute hat sich dies dank Erzeugern wie Herència Altés verändert: Rafael und Nuria ernten früher, sie pressen die ganzen Trauben direkt und verwenden nur den feinen Vorlaufmost. Somit minimieren sie den Luftkontakt des Safts, was sich in Weißweinen von großer Reintönigkeit auszahlt. Bereits ihr günstiger Einstiegswein Garnatxa Blanca ist im Preissegment unter zehn Euro eine Klasse für sich.

Drei von einigen Topweinen von Herència Altés

Die hochmodern eingerichtete Kellerei von Herència Altés liegt einige Kilometer außerhalb des Orts Gandesa, inmitten einer reizvollen Hügellandschaft und umgeben von Weinbergen. Neben den Edelstahltanks für die temperaturregulierte Gärung stoßen wir beim Rundgang auf besonders viele Holzfuder und Betontanks. Rafael und Nuria bauen ihre Weine lieber in diesen Behältnissen aus, als in den kleinen 225-l-Barriquefässern. Sie wollen vermeiden, dass der Holzgeschmack zu stark ausfällt, wie es leider bei vielen spanischen Rotweinen immer noch der Fall ist. Stattdessen sollen ihre Weine die Primärfrucht der Traube ausdrücken.

Dieses Ansinnen gelingt wunderbar in Rotweinen wie dem saftig-frischen Garnatxa Negra und dem hochfeinen La Xalamera. Beide stammen sie aus der in Katalonien und ganz Spanien verbreiteten Sorte Garnacha Tinta. Ursprünglich stammt die Sorte aus dem zu Terra Alta benachbarten Aragon; man darf deshalb davon ausgehen, dass sie in Terra Alta bereits seit vielen Jahrhunderten heimisch ist.

La Pilosa [BIO] (2021)La Pilosa [BIO] (2021)

La Pilosa [BIO] (2021)

Ein Rotwein mit toller Würze aus der haarigen Garnacha! Weinregion: D.O. Terra [...]
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Ebenfalls autochthon ist die Varietät Garnacha Peluda. Sie ging aus einer natürlichen Mutation der Garnacha Tinta hervor und existiert in Katalonien auf weniger als einhundert Hektar. Eine absolute Seltenheit und Besonderheit stellt somit der sortenrein gekelterte Rotwein La Pilosa dar. „Peluda“ bedeutet Haar. Der Name der Rebsorte kommt daher, weil die Unterseite ihrer Blätter einen haarigen Flaum besitzt. Man sagt, die Peluda-Traube habe etwas mehr Säure und weniger Zucker als die Tinta. Im Vergleich fallen ihre Weine somit einen Tick frischer und weniger alkoholisch aus, wenngleich wir hier wirklich nur von einem Tick reden. Nichtsdestotrotz könnte diese kaum verbreitete Rebsorte im Zuge des Klimawandels an Zulauf gewinnen. Gerade im mediterranen Raum gewinnen Trauben mit guter Säure und nicht überbordenden Alkoholgraden an Bedeutung.

Nach drei Stunden in Weinberg, Kellerei und Verkostungsraum verabschieden wir uns. Rafael hielt bei der Degustation noch einige ganz besondere Weine für uns parat. Zum Beispiel den oxidativ ausgebauten Orange Wine „Trementinaire“ und einen im Solera ausgebauten Süßwein. Beide aus der Garnacha-Blanca-Traube gekeltert. Wir gingen jedenfalls – man sieht es auf dem Foto – glücklich auf den Rückweg. Terra Alta ist selbst an einem Regentag eine Reise wert.

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