Priorat und Montsant – zwei (un)gleiche Brüder

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Kartäuser-Mönche des Scala-Dei-Ordens gründeten im 12. Jahrhundert ein Priorat im schroffen Hinterland der katalanischen Mittelmeerküste. Das abgeschiedene Berggebiet passte bestens zu ihrer auf Isolation ausgerichteten Lebensweise. Im Verlauf der Jahrhunderte wurde der Einfluss des Kartäuser-Ordens so groß, dass sogar noch der heutige Regierungsbezirk „Priorat“ heißt. Zu diesem Regierungsbezirk gehören das gleichnamige Anbaugebiet und die Appellation D.O. Montsant („Heiliger Berg“). Montsant heißt ebenfalls das Gebirgsmassiv, welches die Region gen Norden abschirmt.

Neben zahlreichen Klöstern und Kirchen, die sich heute noch bestaunen lassen, brachten die Mönche auch den Weinbau nach Priorat und Montsant. Das ist gut 900 Jahre her. In der Provinz Tarragona – wo sich die zwei Appellationen befinden – wird hingegen schon viel länger Wein im großen Stil erzeugt: Die Römer führten den Weinbau vor fast 2500 Jahren in diesem südlichen Teil Kataloniens ein. Von der Hafenstadt Tarragona verschifften sie den Wein übers Mittelmeer ins ganze Römische Reich.

Im Vergleich zu Tarragona kam der Weinbau in Priorat und Montsant also erst 1600 Jahre später an. Das hatte – wir sagten es bereits – mit der abgeschiedenen und schwer zugänglichen Lage zu tun. Heutzutage erreicht man dieses bergige Gebiet freilich leicht mit dem Auto, wenngleich die schmalen und kurvigen Straßen – insbesondere des Priorat – nichts für unsichere Fahrer sind.

Weinbau im Priorat im Schatten des Montsant-Gebirges.

Priorat – vom Nobody zu Everybody’s Darling

Das Priorat ist ein kleines Weingebiet, etwa 130 Kilometer südwestlich der katalanischen Hauptstadt Barcelona. Lange Zeit war es auch ein völlig unbedeutendes Weingebiet, aus dem hochprozentige und extrem dunkle Rotweine (bis 18% Vol.) kamen, die einzig als Billigweine zum Verschnitt und zur Färbung eingesetzt wurden.

Das änderte sich schlagartig im Jahr 1989, als einige Freunde um René Barbier und Alvaro Palacios begannen mineralische und spannungsgeladene Rotweine zu keltern, die nichts mit dem rustikalen und überreifen Stil zu tun hatten, den das Priorat bis dahin kannte. Diese neuen Priorat-Gewächse schlugen ein wie eine Bombe. Weinwelt und Kritik zeigten sich begeistert von ihrer Kraft, Dynamik und Einzigartigkeit.

Fortan zog es Weinmacher aus aller Welt für eigene Projekte ins Priorat. Seit den 1990ern entstehen hier mit die teuersten Weine Spaniens. Diesbezüglich an erster Stelle zu nennen wäre „L’Ermita“ von Alvaro Palacios. Außerdem wuchs die Rebfläche der D.O.Ca Priorat in diesen vergangenen dreißig Jahren von 650 Hektar auf 1900 Hektar an.

Das Montsant schwimmt auf der Erfolgswelle mit

Im Windschatten des Priorat arbeitet sich die ebenfalls kleine D.O. Montsant (1800 Hektar) kontinuierlich die Leiter nach oben. Dieses Weingebiet umkreist das Priorat und schließt es nahezu ein. Priorat und Montsant können somit als geografische Einheit verstanden werden.

Je nachdem in welchem Weinberg oder Weingut man sich in Priorat oder Montsant befindet, ist man etwa 15 bis 35 Kilometer Luftlinie vom Mittelmeer entfernt. Neben trockenem mediterranem Klima wird besonders in den höheren Lagen ab 500 m.ü.NN bereits ein kontinentaler Einfluss spürbar. In diesen Hochlagen existieren merkliche Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht. Im Sommer kann es tagsüber bis 40  ֯C heiß werden und in der Nacht auf 16  ֯C abkühlen. Für die Reben sind diese Schwankungen gut. Gerade die kühlen Nächte helfen dabei eine gute Säure in den Beeren herauszubilden und zu konservieren.

2800 Sonnenstunden im Jahr und ein insgesamt heißes trockenes Klima ergeben wiederum kraftvolle Rotweine mit reifen Tanninen. Weil die Tannine in den Beerenhäuten auf natürliche Weise so reif sind, werden Priorat- und Montsant-Weine weniger lang in Holzfässern und in der Flasche gereift als die traditionell erzeugten Rotweine der Rioja (wo die Tannine aufgrund des kühleren Klimas zuerst härter sind und deshalb mit längerem Holzausbau und Flaschenlager „poliert“ werden müssen).

Das Land von Garnacha und Cariñena

Mit Verallgemeinerungen sollte man freilich immer vorsichtig sein. Priorat ist nicht gleich Priorat. Und Montsant ist nicht gleich Montsant. Innerhalb der jeweiligen Weingebiete bestehen große Unterschiede, zum Beispiel was die Höhenlagen betrifft. Einige Weinberge im Priorat befinden sich in Tälern auf knapp über 100 m.ü.NN. Andere in den Bergen auf bis zu 900 m.ü.NN. Diese enormen Höhenunterschiede ergeben Weine mit völlig verschiedenem Charakter. Außerdem spielt die Ausrichtung des Weinbergs – ob Nordhang oder Südhang – eine wichtige Rolle in Bezug auf Eigenschaften wie Konzentration und Frische im Wein.

Die wichtigsten Rebsorten sind Garnacha Tinta und Cariñena (auch Samso genannt). Es sind die traditionellen Reben der Region. Besonders im Priorat finden sich noch einige über 100 Jahre alte Rebstöcke der Cariñena. Die Sorte war lange in Verruf, weil sie angeblich nur minderwertige Moste hervorbringt. Das ist falsch. Bei alten Reben und niedrigen Erträgen sind ihre Weine bezüglich Spannung und Frische nahezu unerreicht. Die Trauben der Cariñena produzieren mehr Säure und Tannin und weniger Zucker als jene der Garnacha. Die Weine fallen also tendenziell frischer, strukturierter und weniger alkoholisch aus.

Weiße Trauben spielen nur eine untergeordnete Rolle, wenngleich sie langsam an Bedeutung zulegen. Die autochthonen Reben Garnacha Blanca und Macabeo ergeben Weißweine mit voluminösem Körper, cremiger Textur und erdiger Mineralität. Zumindest auf die besten Gewächse trifft dies zu.

Der entscheidende Unterschied liegt im Untergrund

Ein großer Unterschied zwischen Montsant und Priorat besteht in den Böden. Für eine kleine Appellation verfügt das Montsant über eine erstaunliche Vielfalt: Lehm, Kalk, Schiefer, Granit und Sand. Selten kommen die Böden in Reinform vor, oftmals enthält ein Weinberg Anteile von Kalk, Lehm und Sand zugleich. Dabei entstehen Weine mit Tiefe und Harmonie. Ein Vorteil der Montsant-Weine besteht darin, dass sie in der Regel günstiger sind als jene des Priorat. Zum einen ergeben die Reben im Montsant aufgrund fruchtbarerer Böden höhere Erträge, zum anderen ist die Reputation des Weingebiets geringer.

Montsant Böden
Rote Lehmböden in der D.O. Montsant

Im Priorat kommt fast ausschließlich der brüchige Schiefer „Licorella“ vor. Es sind harte steinige Böden, extrem nährstoffarm, denen die fruchtbare obere Schicht fehlt. Die Reben des Priorat wachsen quasi auf Stein. Weil der Schiefer so brüchig ist, gelingt es den Wurzeln sich in die Tiefe zu bohren und Nährstoffe aus unteren Schichten zu ziehen. Die Reben im Priorat leiden: Sie müssen mit wenig Wasser und wenig Nährstoffen klarkommen. Die Überlebenskünstler ergeben folglich niedrige Erträge, dafür hochkonzentrierte Moste von durchdringender Mineralität. Die Licorella-Böden sind das Geheimnis des Priorat. Sie sind der Grund für die Einzigartigkeit seiner Weine.

Priorat und Montsant im Vino-&-Alma-Shop

Die Kooperative Celler Masroig zählt zu den ältesten und besten Erzeugern des Montsant-Gebiets. Wir führen unter anderem eine  komplexe Rotwein-Cuvée aus alten Garnacha- und Cariñena-Reben sowie einen sortenrein gekelterten Weißwein aus Garnacha Blanca mit Druck am Gaumen und Zug im Abgang.

Les Sorts Vinyes Velles
Rotwein aus alten Reben, D.O. Montsant
Pinyeres Blanc
Weißwein aus Garnacha Blanca, D.O. Montsant

Ein kraftvoller und spannungsgeladener Rotwein aus dem Priorat kommt vom Weingut Sangení i Vaqué. Jeweils zu 45 Prozent aus Cariñena und Garnacha und 10 Prozent Cabernet Sauvignon vinifiziert.

Vall Por
Rotwein-Cuvée aus der D.O.Ca Priorat

Im Barrique vergoren und auf der Feinhefe ausgebaut ist der folgende Weißwein von Celler Ametller aus Garnacha Blanca. Mächtiger Körper und buttrige Textur, komplexe und sehr reife Aromatik.

Clos Mustardo
Weißwein aus Garnacha Blanca, D.O.Ca Priorat

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