Der richtige Weineinkauf – und was dabei zu beachten ist

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In Zeiten von Corona gibt es zugegeben wichtigere Dinge. Trotzdem kann einem der Weineinkauf Kopf zerbrechen bereiten. Wer kennt die Situation nicht? Man steht vor einem Regal mit zahllosen Weinflaschen und hat keine Ahnung, welche man nehmen soll. Manchmal greift der Kunde blind zu einer Flasche mit einer hohen Punktebewertung. Oder man verfährt bei der Auswahl nach Budget und Aussehen. Das heißt, die Flasche mit dem für mich passenden Preis und attraktivsten Etikett wird genommen. 

Diese Methoden können in die Hose gehen. Denn eine schöne Verpackung garantiert noch keinen guten Inhalt. Außerdem sind Preis und Punkte keine objektiven Parameter für Weingenuss. Es ist schlichtweg nicht so, dass uns ein Wein für 15 Euro automatisch besser mundet als einer für 7 Euro. Und ein Wein mit 93 Punkten gefällt uns nicht zwingend besser als einer mit 88 Punkten. Beim Genuss kommt es nämlich vor allem auf den eigenen Geschmack und die Situation an. 

Wie Sie sich beim Einkauf systematisch in der großen Welt der Weine zurecht finden, dazu nun ein Leitfaden mit den vier relevantesten Fragen.

Frage 1: Für welche Situation kaufe ich den Wein?

Die Situation hat einen großen Einfluss darauf, wie wir Wein empfinden. Es macht einen Unterschied, ob wir denselben Wein alleine zuhause oder bei einem Weingutsbesuch mit dem Winzer trinken. Darüber hinaus eignen sich bestimmte Weine für bestimmte Situationen:

Für ein zwangloses Treffen mit Freunden ist der einfache wie leckere Wein für 5 bis 7 Euro oft genau der richtige Tropfen. Diese Situation verlangt nach einem Wein, der Spass macht und einen guten Trinkfluss hat. Ein komplexes und teures Gewächs, das Aufmerksamkeit erfordert und sich in den Vordergrund drängt, passt oft gar nicht in so eine gesellige Runde. Hier geht es einzig um einen schmackhaften, unkomplizierten und unaufdringlichen Begleiter. 

Wenn ich mit meinem Partner hingegen den Hochzeitstag feiere oder mein reicher Onkel aus Amerika nach fünf Jahren erstmals wieder zu Besuch kommt, dann ist ein solcher einfacher Wein zu wenig. Hier darf es schon gerne tiefgründiger, komplexer und spezieller sein, so wie auch der Anlass ein Besonderer ist. Superteuer ist aber selbst in solch einer Situation nicht zwingend nötig, höchstens sie wollen mit einem Prestigewein Eindruck schinden. Geschmacklich gibt es bereits in der Preisklasse von 15 bis 30 Euro zahlreiche Weine, die einen sehr hohen Anspruch erfüllen und den Ehepartner bzw. Onkel glücklich machen.

Ein entscheidendes Kriterium ist darüber hinaus, ob Sie den Wein zum Essen trinken. Falls dies zutrifft, stellt sich die Frage zu welchem Gericht. Die richtige Weinbegleitung füllt ganze Bücher. „Nur Weißwein zu Fisch“ und „nur Rotwein zu dunklem Fleisch“ – das sind längst überholte Regeln. Die Sauce und verwendeten Gewürze sind für die Weinauswahl oftmals relevanter als die Zutaten selbst. Am zielführendsten ist es, wenn Sie den Weinhändler ihres Vertrauens aufsuchen und ihm erzählen, was Sie als Mahlzeit vorgesehen haben. Sicher wird er eine passende Empfehlung haben (siehe dazu auch weiter unten Frage 4).

Weineinkauf, und richtiges Wine-Pairing
Zu einem Tintenfisch-Tapas passt ein Manzanilla ganz hervorragend (Foto: Thomas Götz)

Frage 2: Welchen Geschmack habe ich?

Was schmeckt besser? Ein Apfel oder eine Birne? Objektiv betrachtet, gibt es darauf keine korrekte Antwort. Manchen Personen schmeckt der feste, knackige und leicht säuerliche Apfel besser. Andere bevorzugen hingegen die weiche und süßliche Birne. 

Beim Wein existiert ebenso wenig eine objektive Wahrheit wie bei dem Apfel-Birne-Beispiel. Genauso wie verschiedene Obstsorten über verschiede Eigenschaften bzgl. Textur und Aroma verfügen, gibt es auch ganz unterschiedlich Weinstile. Zu sagen, was besser oder schlechter ist, geht eigentlich nicht. Es kommt hier wirklich auf die persönlichen Vorlieben an.

Den eigenen Geschmack zu kennen und diesen artikulieren zu können, ist eine der größten Herausforderungen für jeden Weinliebhaber. Für den richtigen Weineinkauf ist dieser Punkt von elementarer Bedeutung. Hierzu drei Beispiele, die Ihnen helfen werden: 

1) Mögen Sie vollmundige und konzentrierte Rotweine? Dann wird Sie ein Spätburgunder von der Ahr nicht zufrieden stellen. Stattdessen dürfte Ihnen ein Rotwein aus der Appellation Jumilla aus der Sorte Monastrell gefallen (zum Beispiel dieser). Denn diese kommen körperbetont und voluminös daher. Echtes spanisches Vollblut sozusagen. Wenn Sie umgekehrt nur schlanke und leichte Weine mögen, dann wird Ihnen selbst der beste und teuerste Jumilla-Wein keine Freude bereiten; sie werden ihn als zu schwer und alkoholisch empfinden. 

2) Ein weiteres Kriterium ist der Holzausbau. Die meisten Rotweine und weniger Weißweine reifen eine bestimmte Zeit in Holzfässern. Allgemein gesagt nimmt der Ausbau im Holzfass einen Einfluss auf Struktur, Textur und Aromatik des Weins. Er wird dadurch in der Regel komplexer. Bei längerem und intensivem Holzkontakt dominieren bei Rotweinen häufiger Röst- und Tabakaromen. Weißweine werden körperbetonter und erhalten manchmal eine süßliche Vanillenote. Viele Weintrinker stehen genau darauf, andere hassen die „Holzaromen“ im Wein geradezu.
Diesbezüglich ist es beim Weineinkauf gut, die eigenen Vorlieben zu kennen. Alternativ gibt es im Stahltank ausgebaute Rot- und Weißweine. Diese Gewächse fallen im Vergleich zumeist fruchtiger aus. 

3) Knackige Säure im Weißwein? Manchen Personen schlägt das auf den Magen. Für andere ist die Säure im Wein dagegen wie das Salz in der Suppe. Sie macht den Unterschied aus, konkret macht sie einen Wein saftiger und frischer. Rieslinge von Nahe und Mosel, ebenso Verdejos aus Rueda und Albariños aus Galicien haben zumeist eine ziemlich hohe und präsente Säure (zum Beispiel dieser). Wenn Sie zu den säureempfindlichen Weintrinkern gehören, dann werden Sie vermutlich Weißweine mit moderater Säure aus Sorten wie Macabeo, Moscatel, Viognier und Gewürztraminer bevorzugen.

Frage 3: Wie viel Geld bin ich bereit auszugeben?

Früher oder später müssen wir uns beim Weineinkauf mit dem Thema Geld auseinandersetzen. Die Annahme, dass teure Weine stets besser sind als günstige, ist falsch. Wir haben das eingangs schon in ähnlicher Form gesagt. Genauso falsch ist der verbreitete Glaube, dass teure Weine ihr Geld nicht wert sind. Der Preis eines Weins bemisst sich nämlich nicht ausschließlich daran wie gut er schmeckt (was eh eine subjektive Empfindung ist). Wein ist außerdem Kontext: Wenn zum Beispiel ein Weinberg nur von Hand bearbeitet werden kann und die Ernteerträge aufgrund alter Reben niedrig sind, dann schlägt sich das im Preis nieder. 

Die besonderen Weine verfügen nicht nur über Qualität, sondern auch über einen speziellen Kontext. Für den Weineinkauf gilt diesbezüglich, dass wir realistisch sein sollten: Wer einen besonderen Wein für einen besonderen Anlass sucht, aber partout nicht mehr als zehn Euro ausgeben möchte, für den wird die Weinsuche zur Lebensaufgabe bzw. zur Enttäuschung. Anspruch und Wirklichkeit klaffen hier auseinander. In diesem Fall wird die Preisfrage zum K.O.-Kriterium. Es gibt im Preissegment unter 10 Euro freilich viele Weine, die richtig gut sind und sehr viel Spass machen. Es wäre aber falsch von solchen Weinen außergewöhnliche Genussmomente und Einzigartigkeit zu erwarten.

Frage 4: Benötige ich Beratung?

Definitiv! Wer sich über die Situation, den eigenen Geschmack und das Budget im Klaren ist, dem fehlt zum richtigen Weineinkauf einzig die kompetente Beratung. Die Weinwelt ist heutzutage vielfältiger und dynamischer als je zuvor. Das trifft auf Spanien ganz besonders zu, auf andere Länder ebenso. Hier den Überblick zu behalten, ist ein Vollzeitjob und die Aufgabe von Fachhändlern. 

Viele Weinfachhändler bieten in ihren Geschäften eine Auswahl von Weinen zur offenen Probe an. Darüber hinaus können Kunden an thematischen Weinproben teilnehmen, die häufig abends stattfinden. Supermärkte bieten diese Form von Service und Beratung nicht.

Wer also ein gutes Weingeschäft in seiner Nähe hat, darf sich glücklich schätzen. Wer lieber im Internet einkauft, der findet in vielen Online-Shops ebenfalls nur schwerlich eine kompetente Beratung. Die Beiträge und Inhalte auf unserem Vino-&-Alma-Blog sind unter anderem dazu da, Sie beim Weineinkauf im Internet mit Hintergrundinformationen und Tipps zu unterstützen. 

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